Teil 2 - Welche Werte braucht der Mensch?
 
Absicht: Es gibt eine ganze Reihe Werte, die für ein harmonisches Leben wichtig sind. Mit Hilfe unseres »Wertebaumes«, einem einfachen Spiel und einer Indianergeschichte habe ich versucht, die Erkenntnisse aus dem »Schiffbruch-Spiel« für die Kinder einprägsam aufzubereiten.
Aufwand: Vorbereitung gering, Aktion mind. 2 Std.
Ort: Wald oder Wiese mit Sitzgelegenheit
Einblick siehe weiter unten
Erfahrungsbericht siehe weiter unten

Einblick

Auch die folgenden Aktionen finden Sie wieder ausführlich als pdf-Dateien unter »Druckversionen«

1. Der Wertebaum

An dem Rollenspiel »Schiffbruch« haben wir gesehen, dass das Wohlbefinden des Einzelnen und der ganzen Gruppe entscheidend davon abhängt, welcher »Geist« die Gruppe beherrscht. Der Idealfall wäre eine Gruppe aus lauter selbstlosen, mitfühlenden und ehrlichen Menschen, die keine eigennützigen Interessen verfolgen. Woraus besteht nun aber solch ein »Geist«? Es ist die Summe aller Werte, die das Handeln des Menschen erheblich beeinflusst. 
   Die Werte eines Menschen sind beeinflussbar. Es gibt eine ganze Reihe solcher »Werte«, von denen jedoch manche aus anderen hergeleitet werden können! Auf diese Weise kann man einen »Baum« gestalten, der im Wurzelbereich die wichtigsten Werte hat, aus denen dann nach oben die abgeleiteten Werte »herauswachsen«.
   Mit Hilfe dieser Veranschaulichung sollen die Kinder eine Liste mit 28 Werten aussortieren, vereinfachen und schließlich einem vorgezeichneten Baum zuordnen. Das Ziel war, einen »Baum« zu schaffen, der den »guten Geist« aus dem Schiffbruch-Spiel (Teil 1) wiedergibt.
 

2. Verwandte begrüßen

Wahrhaft weitsichtig, ökologisch und weise ist es, wenn man die Werte im Umgang zu den Mitmenschen auch auf alle anderen Lebewesen bezieht! Um diese Leitlinie rankt sich ja dieses ganze Projekt.
   Die Kinder sollen sich nach Fertigstellung des Werte-Baumes bei diesem kleinen Spiel im Kreis stehend gegenseitig mit Namen begrüßen und nach dem Wohlbefinden fragen. Dies soll nicht in Floskeln geschehen, sondern mit echtem Interesse an dem Anderen, so dass auch weitere Fragen - z.B. nach den Eltern, der Katze, den Schulnoten u.s.w. - erlaubt bzw. erwünscht sind. Anschließend soll sich jedes Kind eine Pflanze oder ein Tier in der Umgebung aussuchen und sich eine Weile lang Gedanken darüber machen, wie es diesem Lebewesen wohl geht. Am Ende sollen die Kinder die anderen Mitspieler zu »ihrem« Lebewesen führen, es respektvoll begrüßen und es den anderen so vorstellen, als wenn sie selbst dieses Lebewesen wären.
 

3. Die Erde gehört uns nicht...

Eine ausgezeichnete Möglichkeit, den Kindern zu verdeutlichen, was es heißt, das wertorientierte Handeln auch auf den Umgang mit der Natur zu übertragen, fand ich in dem Buch »Die Erde gehört und nicht, wir gehören der Erde« [JEFFERS / N] (bzw. Textausdruck in »Druckversionen« Sammelmappe Teil 2). Dort wird die berühmte Rede des Häuptlings SEATTLE in einer einfachen Interpretation für Kinder mit wunderschönen Bildern wiedergegeben.
   Da der Text zu jedem Bild nur sehr kurz ist, eignet sich das Buch sehr gut dazu, den Text der Reihe nach von den Kindern gegenseitig vorlesen zu lassen.
   Das Buch ist im Handel leider nicht mehr erhältlich. Jedoch führen es viele Stadtbüchereien. Sofern es nicht zu bekommen ist, findet sich der Großteil des Textes ebenfalls in den Druckversionen (Sammelmappe Teil 2).
 

4. Lied »Barfuß im Gras« einstudieren

Eine gute Ergänzung zur SEATTLE-Rede ist das Lied »Barfuß im Gras« [Pit Budde, aus KRONFLI / N, ] aus unserer Sammelmappe, das Sie sich dort ebenfalls mit Text und Noten herunterladen können. Man kann es gut mit Rythmusinstrumenten einstudieren und später bei jedem Treffen einmal singen.

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Erfahrungsbericht vom 21.09.2002

Bei der Arbeit mit Pappe und Papier ist draußen natürlich trockenes Wetter notwendig. Wir hatten Glück! Nach einem kurzen Spiel zur Auflockerung und zum Abreagieren setzten wir uns in die Runde und ich erinnerte die Kinder an das Schiffbruch-Spiel. Dann fragte ich: »Was gibt es denn so alles, was uns antreibt, um etwas zu tun oder auch nicht zu tun? Denkt dabei mal an Eure Eltern, an die Schule oder die Gesetze« 
   Schnell entstand eine rege Diskussion und die Kinder fanden allerhand Beispiele, um ihre Idee zu belegen. Alle Ideen waren absolut richtig und es gelang den Kindern aufgrund der Rollenspiel-Erfahrung schnell, die »Werte« von anderen Handlungsantrieben zu trennen. Damit es nicht zu theoretisch wurde, habe ich auf die Vorstellung des Handlungsmodelles aus den Denkmodellen verzichtet, und statt dessen direkt die Pappe mit der Baum-Silhouette auf dem Boden ausgebreitet. Leider hatte ich die vorbereiteten Werte-Kärtchen vergessen, so dass ich ein Kind bat, mit einem Filzschreiber aufzuschreiben, was die Gruppe entschied. Wie sich herausstellte, wäre die Lösung mit den Kärtchen wesentlich einfacher und schneller gewesen. Nachahmer sollten das also nicht vergessen!
   Nun lag es an mir, die Kinder für dieses »Kopfthema« zu motivieren. Mit vielerlei lustigen Beispielen aus dem Alltag gelang es mir, das Interesse der Kinder für die Werte und ihre Bedeutung zu wecken. Sehr schnell fanden sie die Werte heraus, die nicht dazu gehörten. Die Zusammenfassung gleicher Begriffe rief teilweise Diskussionen hervor. Dennoch gelang es den Frechdachsen, sich auf jeweils einen Begriff festzulegen, ohne dass ich lenkend eingreifen musste. Ich beschränkte mich auf reine Begriffserläuterungen.
   Die Sortierung der Begriffe am Baum war wie zu erwarten am schwierigsten. Hierbei zeigte sich der Vorteil von Kärtchen - wenn ich sie doch gehabt hätte! So musste öfter mal ein Begriff durchgestrichen werden und ließ sich nur aufwendig verschieben. Trotzdem merkte man den Kindern die Faszination an, als der Baum immer mehr mit Begriffen gefüllt wurde. 
   Im Endeffekt sind 28 Werte wahrscheinlich zu viel, denn nach einer halben Stunde ließ die Konzentration doch erheblich nach. Dennoch schafften die Kinder es, den Baum fertigzustellen - in einem erstaunlich kritisch-gemeinsamen Prozess. Besonders gefreut hat mich die selbstbewusste Entscheidung, im Wurzelbereich drei Werte aufzunehmen, obwohl ich nur ein oder zwei vorgegeben hatte. 
   Dieses Spiel zeigte mir mal wieder, dass Kinder trotz der abstrakten Thematik durchaus in der Lage sind, gezielt und treffsicher über solche Dinge nachzudenken. Der Baum der Frechdachse Cronenberg kann sich sicherlich sehen lassen!

Allerdings geriet das anschließende Spiel »Verwandte begrüßen« vollkommen daneben. Die Kinder waren nicht mehr in der Lage, das Spiel ernst zu nehmen. Ausgelassen alberten sie herum und liefen schließlich mit lautem Geschrei durch die Natur, erschreckten Schafe - statt sie ruhig zu beobachten - und trampelten alles nieder. Das war natürlich das genaue Gegenteil zu dem wertorientierten Verhalten, dass wir zuvor erarbeitet hatte. Ich brach das Spiel ab und zeigte den Kindern beispielhaft an einer Brennessel, wie sie sich wohl fühlt! Dabei konnte ich ganz gut das respektlose Verhalten thematisieren und die Kinder wieder etwas beruhigen. Letztlich fehlte ihnen wahrscheinlich einfach etwas Herumtollen zwischen den Spielen.

Genau das ließ ich dann eine Weile zu, bevor ich die Kinder vorsichtig fragte, ob sie noch Lust zu einer Geschichte hätten, die von Indianern handele und mit unserem Thema »Werte« zu tun hätte. Alle hatten Interesse! Das Buch rief mit seinen schönen Bildern - die den Inhalt der Texte ausgezeichnet und geheimnisvoll illustrierten - große Begeisterung hervor. 

Zum Abschluss des Treffens versuchte ich das Lied einzuüben. Es wurde jedoch eher ein Katzenjammer, der dennoch allen Freude machte und für viele Lacher sorgte. Möglicherweise ist das Lied »Barfuß im Gras« zu melancholisch, um von der Gruppe als »Ritual« akzeptiert zu werden? Gute Erfahrungen habe ich früher mit der Melodie von »Oh Susanna« gemacht, zu der man leicht selbst Strophen zum Thema dichten kann.

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