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Popper, Sir Karl Raimund

1902 -  1994, österr. Philosoph. Aus unserer Auseinandersetzung mit Popper:
   Nach Popper benötige jedes System im Universum ein vereinfachtes Modell seiner Umwelt, denn jede sinnvolle Wechselwirkung sei nur möglich, wenn jedes Teil ausreichende Informationen über das Gesamtsystem habe. Modelle sind notgedrungen unvollkommen und sobald an einem Punkt ein Widerspruch zur Wirklichkeit aufträte, müssten sie angepasst oder neugefasst werden, um weiterhin nutzbar zu sein.  Popper nahm daher eine Evolution der Modelle an, die er anschaulich in drei aufeinander aufbauende Welten einteilte. Die erste Welt umfasse die physikalischen Dinge. Die zweite sei die Welt der Wahrnehmung und die dritte beschreibe die bewusste Auseinandersetzung mit der Umwelt. In der modernen Gesellschaft sah Popper das zur Zeit bestmögliche Modell des Zusammenlebens. In diesem Sinne sei der Mensch grundsätzlich gut.  Durch die Sprachfähigkeit könne man die Einschränkungen des biologischen Daseins überschreiten und an der dritten Welt teilnehmen; die eine gemeinschaftliche, überpersönliche Wirklichkeit darstelle. Insofern seien alle Annahmen über die Welt keinesfalls nur auf die Person des Verfassers zurückzuführen. Das Begreifen und die Wortwahl sei kennzeichnend für den Urheber; der Gehalt der Annahme beruhe dagegen auf der dritten Welt, auf die jeder - durch seine Einfälle und die menschliche Verständigung - mehr oder weniger Zugriff nehmen könne.   Jede Veränderung der Welt sei grundsätzlich eine neue Anpassung solcher Modelle an die Wirklichkeit. Entscheidende Grundlage für sinnvolles Handeln sei das Wissen um die Fehlbarkeit. Der unverrückbare Glaube an Theorien oder Weltanschauungen stellte für ihn die größte Gefahr für die Menschheit dar, da ja jedes Modell nur vorläufiges Vermutungswissen darstelle. Solches Wissen könne man zwar zurecht »objektiv« nennen, es sei aber nur dann zur Erkenntnis nutze, wenn es widerlegbar bliebe und besserem Wissen Platz machen könne.  Die Unvollkommenheit des Wissens bedinge zwangsläufig auch die Unvorhersagbarkeit der Zukunft. Trotz aller Weltprobleme vertraute Popper auf die »offene« Gesellschaft im freien Spiel von Versuch und Irrtum.
 
Zitate:


 ... Es ist geradezu eine Binsenweisheit, daß wir im Westen in einer besseren und gerechteren Welt leben, als es je vorher eine gegeben hat. ... Trotz der Größe und Kompliziertheit unserer Gesellschaft behaupte ich: In keiner Zeit hat man sich so darum bemüht, die Gesetze humaner und gerechter zu machen, wie in der unseren. ....  [Lit. 1, Seite 74 - 75]

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... Es ist die Sprachverschmutzung, die Tiefe vortäuscht. ... Hegel hat die deutsche Sprache verschmutzt und verhunzt. ... diese sprachliche Einstellung, die Dinge schwierig und damit eindrucksvoll auszudrücken, die macht die deutschen Intellektuellen unverantwortlich. Man kann ihnen nicht mehr nachweisen, daß das, was sie sagen, falsch ist, weil es unverständlich ist und weil sie immer ausweichen können. ... [Lit. 1, Seite 57, 93 - 94] 

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 ... Leider ... gibt es gute und schlechte Religionen, gute und schlechte Optionen. Diese sind dann ausschlaggebend für die Zukunft des Menschen. ... Wir alle haben irgendwie unsere transzendenten Vorstellungen, Ideen und Hoffnungen. ... man kann nicht leugnen, daß wir alle in diesem Sinn religiös sind - auch, und insbesondere, die (Anm.: überzeugten) Atheisten. ... Atheismus ist ein Zeichen, daß man das religiöse Problem ernst nimmt. ... [Lit. 1, Seite 41 - 42]

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... Man muß sich darüber klar sein, daß junge Menschen sich einordnen wollen in irgendeine Gemeinschaft: entweder in eine Gemeinschaft von Terroristen oder in eine Gemeinschaft von Leuten, die "wissend" sind. ..." [Lit. 1, Seite 29]

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 ... Über die Zukunft wissen wir wirklich nichts. Wir wissen nur, daß die, die Behauptungen über die Zukunft aufgestellt haben, auch nichts wissen. Aber es gibt immer Menschen, die herrschen wollen und daher glauben, alles zu wissen, was sie dazu berechtigen würde. ... [Lit. 1, Seite 69] 

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... Die moderne Naturwissenschaft weiß unglaublich viel, aber über viele wichtige Dinge wissen wir unglaublich wenig. Beides ist wahr. ... Ich meine, man muß sich damit abfinden, daß es Dinge gibt, Kräfte, Mächte, die wenigstens innerhalb unseres Daseins weit über unser Wissen hinausgehen. Der Weltuntergang kann in der nächsten Sekunde kommen, oder in tausend Jahren, oder nie. Niemand weiß es. Andererseits wissen wir aber ungeheuer viel und können mit diesem Wissen die Dinge unter Umständen tatsächlich zum Guten beeinflussen. ...[Lit. 1, Seite 77 - 78] 

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... Das Grundproblem der herkömmlichen politischen Philosophie wurde durch die Frage formuliert: Wer soll regieren? ... Die neue Frage lautet (nach meiner Ansicht): Wie kann man eine Regierung einigermaßen unter Druck halten, daß sie nicht allzu schlimme Dinge tut? Und die Antwort dazu ist: Indem man sie absetzen kann.... Damit kann man sie zwingen, einigermaßen auf die allgemeine Meinung zu hören. ... nirgends regiert das Volk... [Lit. 1 / Seite 8 - 9]

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Literatur:

1. Popper, Karl
»Ich weiß, daß ich nichts weiß - und kaum das«
1990, Ullstein, Frankfurt/M.