Hintergründe - "Nachhaltigkeit und Naturschutz"
 
Wer gern philosophiert, der wird sich vielleicht auch einmal über den Begriff "Nachhaltigkeit" Gedanken machen. Wie wir den Begriff mit Inhalt füllen und warum das Projekt "Naturerbe" und die Arbeit der "Wuppertaler Frechdachse" rundum nachhaltig ist, lesen Sie im Folgenden. 

Nachhaltigkeit als ethischer Wertbegriff...

Nachhaltigkeit ist ein elementarer "Lebens-Wert", der unser Denken und Handeln jederzeit lenken sollte, denn nachhaltig leben heißt immer wieder prüfen, ob unser alltägliches Tun die Funktionen des Systems Erde nicht schädigt. Damit ist Nachhaltigkeit eine notwendige Einstellung für das Überleben unserer Art als Teil der Erde. 

Nachhaltigkeit ist keine Erfindung unserer Zeit, sondern hat jahrhunderttausende lang das Leben vieler naturverbundener Völker bestimmt. Erst die Leichtlebigkeit und Allmachtsgläubigkeit der modernen Konsumwelt hat das nachhaltig geprägte Denken für ein paar Jahrhunderte verdrängt. "Was soll ich an morgen denken, wenn es mir heute gut geht? Nach mir die Sintflut." - oder - "Der Mensch wird schon einen Weg finden."

Nachhaltigkeit ist eine Notwendigkeit...

Die globalen Umweltprobleme der jungsten Zeit ermahnen uns eindringlich, wieder nachhaltiger zu handeln, wenn wir die Verantwortung gegenüber der Welt und unseren Nachkommen ernst nehmen! Die Globalisierung muss in unseren Köpfen stattfinden, denn es steht nicht weniger als das Wohl der gesamten Menschheit auf dem Spiel! Und jeder von uns trägt seinen Teil der Verantwortung.

Nachhaltigkeit als philosophische Dimension...

Nachhaltigkeit erfordert demnach ein "Über-uns-selbst-Hinausdenken". Das gilt auch für unsere zeitliche Dimension. So darf und muss das Denken auch über unser eigenes Lebensende hinausgehen. Trotz aller Wissenschaftsgläubigkeit kann letzten Endes niemand wissen, was nach uns kommt! Hören wir einfach auf zu existieren oder kommen wir "in den Himmel"? Oder leben wir vielleicht in unseren Nachkommen weiter und müssen all das ausbaden, was wir in früheren Leben selbst verursacht haben? 

Wäre es nicht im Sinne des nachhaltigen Denkens vernünftig und alles andere als unwissenschaftlich, auch angesichts dieser metaphysischen Ungewissheit das Prinzip Vorsicht anzuwenden und so zu handeln, als ob wir selbst unsere eigenen Erben wären? ...

Nachhaltigkeit im Herzen...

Ein wesentliche Motivation zu einem nachhaltigen Denken entspringt dem Verhältnis des Menschen zur Natur und ihren Lebewesen! Eine rein technokratisch ausgerichtete Nachhaltigkeit dringt nicht tief genug in unser Denken und Fühlen, um uns im Grunde des Herzens zu motivieren, konsequent zu sein und den alltäglichen Verlockungen ohne Probleme zu widerstehen. Nur auf eine bioethisch geprägte Art und Weise wird Nachhaltigkeit kein leeres Wort bleiben oder nur auf "Wirtschaftlichkeit und Effizienz" reduziert werden. 

Nachhaltigkeit ist Liebe zum Land...

Die Geschichte vieler eingeborener Völker zeigt eindringlich, wie wichtig der Bezug des Menschen zu seiner direkten Umwelt ist. Nimmt man diesen Menschen das Land und ihre Art zu leben, dann entwurzelt man sie im wahrsten Sinne des Wortes. 

Das Land mit all seinen Lebewesen gehört untrennbar zu einer gesunden Identität des Menschen. Nur derjenige, der seine Heimat kennt, dessen Mitgefühl sich über die Menschen hinaus auf alle Lebewesen erstreckt und der die Zusammenhänge der Natur erspüren kann - nur der wird das Wort "Nachhaltigkeit" mit ausreichendem Inhalt füllen können.

Nachhaltigkeit erhält Leben...

Dies alles gilt natürlich auch für die Menschen der modernen Zivilisationen, die sich oft so geben, als seien sie von der Natur gänzlich unabhängig und lebten in einer völlig anderen Welt. Auch unsere Identität braucht den Bezug zur Natur, braucht Wurzeln, die tief in den Boden reichen. Besinnen wir uns zum Beispiel auf unsere eigenen, eingeborenen Vorfahren, die Germanen, die tausende Jahre lang durch die Bergischen Wälder streiften und auf Gedeih und Verderb mit der Natur verbunden waren.

Unser Projekt "Wuppertaler Naturerbe Scharpenacken" ist ein Versuch, ein wertvolles Stück lebendiger Heimat nachhaltig zu schützen und gleichzeitig den Wuppertalern in all seinen Facetten und vielfältigen Vernetzungen näherzubringen. Wir hoffen damit einigen Menschen eine neue Beziehung zur Natur zu eröffnen; eine Liebe zum Land, so wie es bei unseren Altvorderen selbstverständlich war. Und damit schließlich eine starke Motivation, mit der Welt und unser aller Zukunft im Großen wie im Kleinen nachhaltig umzugehen. 

... wenn sie gelebt wird

Trotz aller philosophischer Betrachtungen bleibt der Begriff "Nachhaltigkeit" ein leeres Wort, wenn er nicht immer und immer wieder mit Inhalt gefüllt wird. Wird der Mensch angeregt, aus den verschiedensten Betrachtungswinkeln einen Blick auf den stetigen Wandeln der Welt zu werfen, kann er die Zusammenhänge kennenlernen, sie mit Bekanntem verbinden und so immer mehr durchdringen und verinnerlichen. Erst dann wird er in der Lage und - hoffentlich - willens sein, seine Erkenntnisse zur Einordnung des eigenen Verhaltens einzusetzen. Von entscheidender Bedeutung ist demnach die "Anregung", sich mit der Welt intensiv zu beschäftigen! Natürlich ist es wesentlich einfacher und fruchtbarer, junge Menschen anzuregen. Daher zielen alle Aktivitäten der Sielmanns Natur-Ranger Wuppertal auf diesen Erkenntnisgewinn. Im Idealfall sollen die Kinder dadurch im Laufe der Zeit ihre eigene, wertvolle Vorstellung von nachhaltigem Verhalten entwickeln. 

Als geeignete Blickwinkel kommen sehr viele Themen in Frage:

Der Blick von hinten nach vorn

Es ist fruchtbar, sich mit der Naturgeschichte der Heimat zu beschäftigen, um das Land als eigentliches und uraltes "Kapital" des menschlichen Lebens zu begreifen. Ein Kapital, dass es zu bewahren gilt, weil es nach wie vor unsere einzige Lebensquelle ist. 

Die spielerische Beschäftigung mit dem Leben der Germanen, die als erste das Bergische Land urbar machten oder mit dem der Bauern vergangener Jahrhunderte soll zu einer Identifikation der Kinder mit den Vorfahren führen und zum Verständnis, dass es diese Menschen waren, die die Welt zu dem gemacht haben, was sie heute ist - mit allen Vor- und Nachteilen. 

Welche Auswirkungen hat das moderne Leben auf die Natur und in letzter Konsequenz auf unser eigenes Leben? Warum ändert sich das Klima und wie steht dieser Prozess in Zusammenhang mit den Klimaveränderungen, die es zu allen Zeiten gab? Solche Fragestellungen, verpackt in kindgerechte Aktionen, sind hilfreich, um zu erkennen, wie groß der Einfluss menschlichen Wirtschaftens auf die Natur ist.

Schwester Pflanze, Bruder Tier

Kinder lieben Tiere. So ist dies naturgemäß ein besonders einfacher Zugang, um Zusammenhänge zu erkennen. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage, ob es vertretbar ist, Edelkrebse am Schmalenhofer Bach anzusiedeln, um dieser hoch gefährdeten Art einen neuen Lebensraum zu bieten. Die Kinder lernen dabei ihre Verantwortung gegenüber den Lebewesen und müssen sich damit beschäftigen, welche Folgen solch eine Aktion für die Tiere, den neuen Lebensraum, die Besucher und schließlich für die Kinder selbst hat, denn sie sind es, die den Fortgang eines solchen Projektes langfristig kontrollieren müssten.

Ebenso lässt sich durch eine Patenschaft für die alten, ehrwürdigen Buchen im Scharpenacken ein von Fürsorge geprägter "Gedanke an die Zukunft" erzeugen. Diese Bäume waren bereits da, als die Ur-Ur-Ur-Urgroßeltern der Kinder lebten und sie trotzten allen Veränderungen. Es ist faszinierend, sich vorzustellen, dass auch die Ur-Ur-Ur-Ur-Urenkel diese Bäume noch kennenlernen können - wenn wir sie erhalten!

Alles ist vernetzt im großen Ganzen!

Auch eine einfache Müllsammlung kann mit Hilfe eines geschickt gewählten Rahmenprogrammes den Begriff "Nachhaltigkeit" mit Inhalt füllen: Alle Lebewesen sind "gute Geister", die gemeinsam das Gleichgewicht der Natur aufrecht erhalten. Der Müll hingegen ist der "böse Geist", das Sandkorn im Getriebe, das es zu entfernen gilt. So lernen die Kinder die langfristige Funktionalität des Naturhaushaltes als wesentlichen Grund für nachhaltiges Verhalten kennen.

Die Erweiterung der Artenkenntnis gewährt einen Einblick in die Vielfalt der Natur, ihre unbedingte Erhaltenswürdigkeit und die Gefahren, die ihr drohen. Nur was man kennt und liebt, wird man auch nachhaltig schützen wollen!

Wer hat nicht als Kind gern Cowboy und Indianer gespielt? Die ernsthafte Beschäftigung mit traditionellen Kulturen ist hilfreich, um unsere vielfach kurzfristig orientierten Wertvorstellungen in Frage zu stellen. Unser Indianer-Theaterstück wird den Beteiligten sicher noch lange in Erinnerung bleiben und helfen, das nachhaltige Denken zu begründen.

Was die Welt im Innersten zusammenhält

Mit älteren Jugendlichen, die bereits einige Jahre lang den Zusammenhängen auf der Spur sind, kann man schließlich sogar in die Tiefen menschlichen Verhaltens, Denkens und Glaubens hinabsteigen. Warum handeln wir so und nicht anders? Wieso ist uns das nachhaltige Denken der Naturvölker oder die Weisheit der Religionen abhanden gekommen? Ist die soziale Marktwirtschaft wirklich die einzig wahre Wirtschaftsform? Solche Fragen haben wir uns gestellt und in dem Buch "Denkmodelle - Auf der Suche nach der Welt von morgen" auf abwechslungsreiche Weise diskutiert.
 

Dies waren einige Beispiele unserer Bemühungen, den Kindern und Jugendlichen möglichst viele verschiedene Blickwinkel auf die Welt zu bieten; in der Hoffnung, dass der Begriff "Nachhaltigkeit" in den Denkstrukturen einen fest verankerten und verhaltensentscheidenden Platz finden kann!