6. Behauptung:
Einige Forschungsbereiche der Gentechnik gefährden das Dasein
aller Lebewesen!
Erläuterungen zu unserer Annahme:
Einer der am stärksten wachsenden Forschungsbereiche ist die Gentechnik,
von der sich die Betreiber ungeahnte Möglichkeiten für die Zukunft
der Menschheit erhoffen. Es geht dabei nicht um die vielzitierten »geklonten
Soldaten« oder den »wiederbelebten Einstein«, sondern
um Entwicklungen, die vor allem in der Medizin, der Landwirtschaft und
der Lebensmitteltechnologie nie gekannte Verbesserungen bringen sollen
und zum Teil schon gebracht haben.
Die Gentechnik ist ein Zweig der Biotechnologie
(z.B. Hefegärung, Yoghurtkulturen oder Impfstoffgewinnung), die auf
direkten Eingriffen am Erbmaterial von Lebewesen beruht. Mittels der Veränderung
der Erbmasse (Gene) durch Hinzufügung fremden Genmateriales oder Entfernung
einzelner Teile sollen bestimmte Leistungen von Lebewesen gesteigert oder
Fehlleistungen berichtigt werden.
Die Bedenken und Stimmen gegen einige Formen der
Gentechnik sind nicht zu überhören. Der Gedanke, dass Menschen
in den Bauplan der Lebewesen eingreifen und Geschöpfe nach ihren Vorstellungen
gestalten, erinnert an die Gruselgeschichten von Dr. Frankenstein. Allein
die unglaublichen Vorstellungen, die man mit solcherlei Eingriffen verbinden
kann, sollten Warnung genug sein, sich genau anzuschauen, was dort verursacht
wird! Unsere vorgenannte Behauptung stellt dabei den Gipfel des Vorstellbaren
dar ...
Antwort der Wissenschaftler:
»Die Gefahren der Gentechnik sind nicht zu unterschätzen
und könnten beispielsweise in den folgenden Fällen durchaus die
Lebewelt des gesamten Planeten gefährden.
-
Bei gentechnischen Experimenten können aufgrund der vielfältigen
Vernetzungen innerhalb der Natur völlig unerwartete Nebenwirkungen
entstehen, die sich nie ganz ausschließen lassen.
-
Man kann nur im Freiland feststellen, ob künstlich veränderte
Gene auf Wildarten überspringen können. Dann jedoch könnten
sich auch gefährliche Folgen, die vorher nicht bekannt waren, nahezu
ungehindert ausbreiten.
-
Die Auswirkungen gentechnisch veränderte Lebensmittel auf den
menschlichen Körper und andere Lebewesen sind schwer abzuschätzen.
Ohne eine entsprechende Kennzeichnung kann der Verbraucher nicht selber
entscheiden, ob er sich diesem Risiko aussetzen will oder nicht.
-
Auch Veränderungen am menschlichen Erbgut mit unbekannten Folgen
sind denkbar.
Um eine klarere Vorstellung vom Für und Wider der Gentechnik zu erhalten,
habe ich mit den Cronenberger Rangern ein Rollenspiel durchgeführt,
dass uns sehr schnell verdeutlichte, wie umfangreich und widersprüchlich
dieses Thema ist. Eine kleine Kostprobe:
Fabi
und Anna
hatten die Firma »Gene für Generationen« gegründet
und stellten ihr Produkt »Blue Banana with Travel-Comfort-System«
vor. Sie hatten gentechnisch eine rechteckige blaue Banane mit Tragegriff
entwickelt. Sofort entbrannte heftiger Widerspruch auf Seiten von Ina
- die eine grüne Politikerin mimte - und Jörn
- der die Naturschützer vertrat. Sehr überzeugend spielten die
Ranger die gegensätzlichen Meinungen durch. Einige waren so überzeugend,
das Ina am Ende verwundert fragte: »Sag mal Fabi, hast Du das eben
eigentlich ernst gemeint?«
Weitere Ermittlungen aus der Literatur:
Bei dieser schwierigen Thematik müssen wir darauf hinweisen, dass
es durchaus gentechnische Verfahren gibt, die bereits seit vielen Jahren
an der Tagesordnung sind und auf die die genannten Gefahren eher nicht
zutreffen. Das ist z.B. die Polyploidisierung* oder die
Züchtung im Labor. In diesem Abschnitt beziehen wir uns ausschließlich
auf die in Medien und Forscherkreisen umstrittenen Bereiche der experimentellen
Gentechnik!
Die drei folgenden Einwände erschienen uns so bedeutungsvoll, dass
wir Sie auch Ihnen abschließend zum Nachdenken weitergeben möchten:
-
Gentechnisch veränderte Lebewesen können nicht mehr kontrolliert
werden, wenn sie erst einmal in die freie Natur entwichen sind [14]
-
Das Gentechnik bei Lebensmitteln den Herstellern Vorteile bringen kann,
ist unbestritten. Aber welche Vorteile hat der Verbraucher davon [15]?
-
Nach Berechnungen von Prof. von WEIZSÄCKER ist mit anderen, ungefährlicheren
Biotechnologien (in den gleichen Bereichen) weitaus mehr Geld zu verdienen
als mit der Gentechnik. Trotzdem beschreitet kaum eine Firma diese günstigeren
Wege [16].
Es scheint eine gesetzmäßige Entwicklung zu sein, dass der moderne
Mensch neue Technologien trotz aller Gefahren rastlos weiterbetreibt. Je
tiefer ein Projekt in die Geheimnisse der Natur eindringt, desto weitreichender
ist die Tragweite von möglichen Schäden, wie zum Beispiel die
Zwischenfälle bei der Atomenergie immer wieder belegen.
Ist es nicht nüchtern betrachtet eine unglaubliche Anmaßung
des Menschen, Lebewesen in wenigen Jahrzehnten nach einseitigen Vorstellungen
verbessern zu wollen, die in Jahrmillionen durch die Evolution entstanden
sind und die sich als funktionierende Teile des Gesamtgefüges bewährt
haben? Welche unbekannten Auswirkungen wird uns die Gentechnik noch bringen?
Wie können die Risiken wirksam begrenzt werden?
*) = Künstliche
Vervielfachung der Erbanlagen
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Zitate
14 = [Zitat
Erwin CHARGAFF,
aus GOLDSMITH
/ Seite 354] »... Mann kann die Atomspaltung stoppen, man kann Mondlandungen
stoppen, man kann die Verwendung von Aerosolen stoppen, man kann sogar
beschließen, ganze Bevölkerungen nicht mit Hilfe von wenigen
Bomben zu vernichten, aber man kann nicht eine neue Lebensform widerrufen...«
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15 = [Zitat
Ralph Ahrens, aus WOCHE-5.1
/ Seite 32] »Ich kann dem Verbraucher kein Beispiel eines für
ihn vorteilhaften Produktes aus gentechnisch veränderten Organismen
nennen.« Der das sagt, ist kein Greenpeace-Aktivist oder Verbraucherschützer,
sondern Theo VERRIPS. Forschungsleiter beim niederländischen Lebensmittelkonzern
Unilever. ...
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16 = [WEIZSÄCKER
/ Lit. 1, Seite 18] ... Wendet man die Faktor-4-Revolution (Anm.: die
Effizienzsteigerung für Energie und Stoffe durch intelligente Technik)
auf Autos, Häuser, Lebensmittel, Haushaltsgeräte, Möbel,
Bürogeräte, Chemikalien, Textilien und alle dazugehörigen
Dienstleistungen an, dann kommt man auf Umsätze, die das wirtschaftliche
Gewicht der Gentechnik wohl um das Hundertfache übertreffen. ...
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