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Ebene 3 - Thema ausführlich: »Philosophie bis zum Mittelalter«
[Texte zusammengestellt aus: GAARDER, LEX.PHIL, SOFIES, WEISCHEDEL]

PLATON und SOKRATES waren zwei der ganz großen griechischen
Philosophen der frühen Antike. Im Mittelalter traten besonders
AUGUSTINUS und THOMAS v. Aquin hervor.

Nachdem wir quer durch Asien gereist sind, gelangen wir durch ein riesiges steinernes Portal nach »Chronos Antica«. Auf unserem weiteren Weg sehen wir die verschiedensten Gebäude am Straßenrand: mächtige Säulenhallen, kreisrunde Arenen, hochgelegene Burgen und Dome, die die Wolken zu berühren scheinen. Die Menschen sind in die verschiedensten Gewänder gekleidet: von einfachen Togas bis zu aufwendig verzierten Damenroben aus vielen verschiedenen edlen Stoffen. Besonders auffällig sind die vielfältigen Kopfbedeckungen, die uns staunen und schmunzeln lassen. Einige Männer tragen schwere, goldbeschlagene Helme, andere einfache Lederhauben; auch große federgeschmückte Hüte und riesige Damen-Spitzhüte, an denen lange Schleier befestigt sind, bekommen wir zu Gesicht.
    Schwere hölzerne Pferdewagen, leichte Zweispänner und plumpe Eselskarren fahren an uns vorrüber. In vielen Städten findet ein reger Handel auf zentral gelegenen Marktplätzen statt. Das Straßennetz ist weitverzweigt und erschwert uns die Orientierung.
    Wir biegen auf die Via Apia ein, die offensichtlich zu den meistbefahrenen Straßen dieses Reiches gehört. Und richtig, sie bringt uns direkt in die Hauptstadt, in der es von Menschen der verschiedensten Völker nur so wimmelt. Griechen und Römer, Germanen und Kelten, Briten und Franken leben hier beieinander und es dauert sehr lange, bis wir endlich jemanden finden, der uns Auskunft über die Weltanschauung(en) dieser Menschen geben kann. Sie heißt Aurelia von Roma, trägt ein hochgeschlossenes, enges Kleid und eine seltsame, zylinderförmige Haube. Sie bewirtet uns königlich. Bevor wir uns alle in einem großen Kaminsaal auf steinernen Sesseln niederlassen, um ihre Geschichte zu hören, bittet sie uns zu beten.

Geschichte
Die Geburtsstunde der europäischen Philosophie setzt man bei THALES von Milet an, der im 6. Jahrhundert vor Christi Geburt in Griechenland lebte. Während die Menschen dieser Zeit bedingungslos an die Götter des Olymp glaubten und geheimnisvollen Riten aus uralten Zeiten huldigten, vertrauten Menschen wie THALES, SOKRATES oder PLATON auf die Kraft des menschlichen Denkens. So kennzeichnet der Beginn der europäischen Philosophie gleichzeitig die aufkommende Trennung zwischen Religion und Wissenschaft. Nirgends kommt sie so stark zum Ausdruck wie in der heutigen westlichen Kultur - als direkter Erbin der griechischen Antike.

Auch die Verflachung und Vereinfachung der griechischen Ideen zur Zeit des Römischen Reiches und der Vermischung mit dem Gedankengut der ganzen damals bekannten Welt hob diese Trennung nicht auf.
    Die härteste Prüfung für das wissenschaftliche Denken brachte das aufkeimende Christentum, das schließlich über 1.000 Jahre lang die Religion zum Vater des Gedankens machte. Doch die Ideen der Antike überdauerten auch diese lange Zeit.
    Einige mittelalterliche Philosophen wie der heilige AUGUSTINUS oder der heilige THOMAS von Aquin versuchten christliches und antikes Gedankengut zu verbinden, und hielten so - anscheinend im Widerspruch zu ihren Absichten - die Trennung lebendig.
    Am Ende des Mittelalters, in der Renaissance, entstand eine mehr oder weniger eigenständige Naturwissenschaft neben der Religion. Sie verband antike Ideen mit den Erkenntnissen der mittelalterlichen Alchemie. Gleichzeitig nahmen jedoch einige Denker Abstand von dieser Erforschung der Welt und erhoben die Philosophie - als reines Denken - in der Mitte zwischen Glaube und Forschung.
    (Bei der folgenden Betrachtung habe ich bewusst auf die Nennung von Namen verzichtet, um keine falschen Verallgemeinerungen zu erzeugen.)

Was können wir über die Welt wissen?
Die griechischen Philosophen suchten Erklärungen für die Welt, die unabhängig vom Handeln unberechenbarer Götter waren. Die Erfahrungen ihrer Zeitgenossen mit natürlichen Vorgängen waren bereits so weit entwickelt, dass es Menschen gab, die auf die Idee kamen, dass man die meisten Vorgänge aus sich selbst heraus erklären könne. Im Laufe der Antike formulierten die Philosophen in der Sprache ihrer Zeit Erkenntnisse, die man durchaus in modernen physikalischen Theorien wiederfinden kann.
    Nach dem damalig vorherrschenden Weltbild war die Erde der Mittelpunkt des Universums, um den die anderen Himmelskörper kreisen. Dieses Universum soll nicht immer so gewesen sein, sondern die Griechen vermuteten, dass die Vielfalt aus einem oder wenigen Urstoffen entstanden sei. Die meisten Philosophen glaubten nicht an ein absolutes Nichts, etwas im Universum sei immer schon da gewesen, behaupteten sie. Die Suche nach dem Urstoff nahm viel Raum in ihren Gedanken ein. Man reduzierte die Welt auf die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde oder auf jeweils eines davon. Der am modernsten anmutende Gedanke war die Theorie von den kleinsten Teilchen, aus denen alles bestehen sollte [DEMOKRIT].
    Eine weit verbreitete Idee war die Gegensätzlichkeit in den Erscheinungen der Welt. Man sah ihren Ursprung im Gegensatz von »Stoff und Kraft« oder »Stoff und Form«. Daraus ließen sich dann alle anderen - ständig fließenden und miteinander kämpfenden - Gegensätze im Universum ableiten. Das Ende dieses »Spieles der Gegensätze« würde auch das Ende des Universums bedeuten.
    Der Vorgang der »Schöpfung« wurde von einigen Denkern einer dem Universum innewaltenden unpersönlichen Intelligenz zugeschrieben, die aus reinen »Ideen« (oder Urbildern) zu fassbaren Abbildern führte.
    Allerdings herrschte über diese Vorstellungen keinesfalls Einigkeit! Jeder Philosoph hatte seine eigenen Theorien. So gab es auch die völlig gegenteilige Auffassung: Da es kein »Nichts« gäbe, könne auch nichts geworden sein, sondern sei immer schon da und damit unveränderlich...
    Gerade diese Betonung auf die Gedanken Einzelner, die Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichsten Theorien und der immerwährende Rückbezug auf die Ideen »weiser« geschichtlicher Persönlichkeiten ist kennzeichnend für die ganz europäische »Denkgeschichte«.
    Mit Beginn der Römerzeit wurden die Ideen vom unpersönlichen Ur grund und von dem ewigen Kreislauf der Universen immer mehr mit christlichen Glaubenssätzen vermischt oder von ihnen verdrängt. Wer schließlich im Mittelalter Gott nicht als Person, sondern nur als Wort für einen unbenennbaren Urgrund sah, der musste schon äußerst geschickt formulieren, um sich nicht als Ketzer verantworten zu müssen.

Ist der Mensch gut oder böse?
Die vorherrschenden Denkweisen sahen den Menschen in seiner besonderen Stellung in der Natur. Der Mensch als Mittelpunkt, als Kulturwesen und Denker war gut. Seine tierischen Triebe konnten ihn jedoch auch verwirren und böse werden lassen. Auch hier zeigte sich wieder der wachsende Einfluss des Christentums: Der Mensch als Sünder, der nur durch ein gottesfürchtiges Leben gut werden könne.

Können wir unser Handeln frei bestimmen?
Mit dem Beginn der Philosophie im antiken Griechenland beginnt das Bemühen des abendländischen Menschen, sich und sein Handeln frei zu bestimmen. Anfangs galt: Der Fluss der Dinge hat das Werden fest im Griff und niemand kann dem Wechselspiel des Schicksales entrinnen. Es war ein mühsamer Prozess, der über so manche spitzfindigen »Quer-Schüsse« im Laufe der Jahrhunderte zur Einsicht führte, dass der tugendhafte und wissbegierige Mensch doch sein Schicksal zum Guten beeinflussen könne.
    Mit dem zunehmenden Einfluss des Christentums wurde dieses neu errungene Freiheitsbild des Menschen wieder stark zurückgedrängt.

Können wir die Welt oder die Menschen ändern?
Trotz des Glaubens an die Schicksalhaftigkeit des Lebens legten die Griechen großes Vertrauen in die Macht des menschlichen Verstandes. Dieses Vertrauen gewann bis zu den römischen Philosophen immer größere Bedeutung. Mit dem Ende des Altertumes kam auch hier das vorläufige Ende dieser Sichtweise. Die Christen des Mittelalters sahen die menschliche Freiheit in erster Linie als Gefahr für den Weg zum Heil.

Wenn ja: Wie können wir etwas verändern?
Während die Griechen und Römer ihre Ideen zur Kultur werden ließen, durch die Baukunst, die Politik, die Technik u.s.w - mithin ihrem Verstand vertrauten - versank das Wissen um die menschlichen Fähigkeiten im Mittelalter in purer Glaubensdemut oder wandelte sich zu dunklem, verbotenen Wunderglauben. Nur noch wenige Menschen konnten die Erkenntnisse des Altertums bewahren und weiter pflegen.

Gibt es eine richtige Art zu leben?
Im Gegensatz zu den Religionen, die immer auch eine mehr oder minder große Morallehre beinhalten, sind in der antiken Philosophie keine einheitlichen Moralvorschriften inhaltlicher Art zu finden. Häufig erschien einem Philosophen nur das bedeutend, womit er sich selbst beschäftigte.

Was können wir über die Zukunft wissen?
Egal, welche Philosophen man betrachtet, fast immer gab es in der antiken und mittelalterlichen Philosophie.den Glauben an eine unsterbliche Seele. Sicherlich brachte das Christentum durch seine Heilslehre eine vorher nicht gekannte Hoffnungsfülle ein. Sie stieß jedoch immer wieder mit den antiken Vorstellungen von der schicksalhaften Entwicklung des Universums und vom gottlosen Urgrund zusammen.

Kritische Fragen
Die große Vielfalt der Ideen schlug sich auch in der Kritik der Ranger nieder. Das bezog sich übrigens nicht nur auf diesen Vortrag in der »Weltbildkonferenz«, sondern auch auf das Vorwissen aus der Schule, das einige bereits hatten. Es war nicht möglich, eine einheitliche Beurteilung oder allgemeingültige kritische Fragen zu finden.
    Dennoch haben wir die Ideen der alten Europäer nicht nochmals aufgearbeitet, da sich viele ihrer Gedanken in der neueren europäischen Philosophie wiederfinden. Wir wollten zudem der europäischen Geisteswelt im Vergleich zu den anderen Weltanschauungen nicht zuviel Raum geben.
    Die »schlechte« Beurteilung der alten europäischen Philosophie in unserer »Hitliste« am Ende des Kapitels ist insofern nur auf eine vergleichende Gesamtwertung bezogen - und keine Herabminderung!

Kommen wir nun langsam aber sicher zum Ende unserer Weltbildreise. Gleich neben Chronos-Antika liegt das Land Philosophia...
 

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