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Ebene 3 - Thema ausführlich: »Welche Ziele verfolgen wir?«
Das Anliegen dieses Buches ist ein leidenschaftlicher Aufruf an Sie, unsere Suche nach Wahrheit und Weisheit* nachzuvollziehen - in der Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft. Eine Suche, die in unserem »funktionsorientierten Zivilisationsdasein« kaum noch eine Bedeutung hat, wie uns scheint.
    Bekommt man nicht leicht den Eindruck, die Wissenschaft habe bereits jede Frage beantwortet oder sei zumindest in der Lage, alle Probleme zu lösen? Wird der Sinn des Daseins nicht häufig nur noch vordergründig in einem möglichst bequemen Leben gesehen?
    Zeichnen die Medien nicht tagtäglich ein Bild der Menschheit, das uns vorgaukelt, wir könnten die Dinge, die Welt, die Zeit, ja selbst die Regeln des Lebens beherrschen?
    Der Begriff »Weisheit«, wie wir ihn aus der Beschäftigung mit den Gedanken der amerikanischen Ureinwohner kennengelernt hatten, erschien uns auf die heutigen Verhältnisse bezogen seltsam verflacht, nur noch »dinglich und zählbar«, ohne Bezug zur gesamten Sinnhaftigkeit des Universums [6]. All diesen nachteiligen Entwicklungen unserer Zivilisation möchten wir in den folgenden Kapiteln mit unserem Buch etwas entgegensetzen.

Dies sind sicherlich sehr hohe Ziele, die wir uns gesetzt haben [7]. Doch umso stärker war der Antrieb für unsere Arbeit!
    Ohne Zweifel zielen wir mit den vorgenannten Fragen und Behauptungen direkt auf das »stählerne Herz« unserer Kultur. Damit Sie unsere Beweggründe besser nachvollziehen können, möchten wir Ihnen einige Zitate aus unserem indianischen Theaterstück »Der Rat der Kinder des Nebels« näherbringen, das wir von 1997 bis 1998 inszeniert haben. Die Cronenberger Ranger spielten dabei Kinder verschiedenster Stämme, die sich im Jahre 1789 in der Mitte Amerikas trafen, um sich ein Bild von den Weißen zu machen.
    Nach unserer Auffassung sind die Ansichten der Indianer ein ausgezeichnetes Mittel, um unseren Alltag einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten und so einen Standpunkt zu finden, der es ermöglicht, unser Leben selbstkritisch in größeren Zusammenhängen zu sehen. Die Ranger jedenfalls fanden darüber den Zugang zum ernsthaften Philosophieren
[Texte des Theaterstückes inspiriert durch Hans Paasche - früher Naturschützer und Menschenrechtler des 19. Jh., PAASCHE / K]:

Anna als Hoka-Aijee: »Sie kämpfen gegen alles Lebendige. Sie wollen Mutter Erde besiegen und die Welt beherrschen, die sie nährt! Und sie scheinen es nicht einmal zu bemerken. Wenn sie einen Wald zerstören, nennen sie das »kultivieren«. Die Weißen lieben die Erde nicht wie wir es tun!

Inga als »Nesthäkchen« Mahea: »Das ist ja lustig! Sie sparen Zeit und haben doch keine Zeit, um zu spielen oder in der Sonne zu liegen, weil sie wieder etwas neues erfinden müssen. Nein, ich will nicht wie ein weißes Kind werden.«

Fabian als Salaw-Unka: »Wenn sie ihr Buch zuklappen, bleibt ihr Gott darin. Was ist das für ein Gott, der nicht in allen Dingen steckt, - der sich in ein Buch oder in einem Haus einsperren läßt? Das ist nicht unser Gott! Unsere Kirche ist draußen und überall sprechen die Geister zu uns.«

Anke als Ayunini: »Mit ihrem Geld allein kann man überhaupt nichts anfangen! Und trotzdem hüten sie es wie eine Bärin ihre Jungen. Sie tun alles, um möglichst viel davon zu bekommen - auch sehr dumme Dinge.«

Fabi als Atsidi-Chon: »Sie wollen so schnell wie möglich von hier nach dort gelangen, um ihre Geschäfte zu machen. So hetzen sie durch die Welt und suchen ihr Glück bei den Geschäften. Sie sollten sich lieber einmal in Ruhe umsehen, wie schön die Welt ist und wie glücklich sie die Menschen machen kann.«

Jörn als Ominayak: »Sie zählen einfach alles. Sie sind die Sklaven ihrer Zahlen. Wenn eine Zahl nicht so ausfällt, wie sie es sich gewünscht haben, dann sind sie tief unglücklich - selbst im Frieden und am schönsten Sommertag.«

Maren als Qwi-Chi-Noo: »Sie sind dumm und besessen von ihren Dingen. Wir wollen nicht so werden wie sie, die ohne ihre ganzen Sachen nicht glücklich werden. Sie sind wie Kinder, die sich um einen bunten Stein streiten. Wollt Ihr die Freiheit eurer Gedanken an leblose Sachen verkaufen?«

Ina als Wawatia: »Wir Menschen sind nicht die Herren über die Erde, wir sind nur ihre Hüter, weil wir die einzigen Wesen sind, die die Macht haben, Dinge zu verändern.«

Eugen als Na-Ite: »Von der Natur hängt alles Leben ab, wie kann man sich da der Natur überlegen fühlen? Wenn sie mit ihrem Geld etwas zu Essen kaufen, dann merken sie nicht einmal, ob das Essen gut ist, weil sie ja nicht sehen, wo es herstammt. Ist das klug und weise?«

Alexander als Aleek-Chea: »Wir sollten jede Möglichkeit nutzen, die Hände schützend auszubreiten über die Pflanzen und die Tiere - und den weißen Menschen erklären, wozu diese Lebewesen gut sind. Immer wieder und immer wieder. Bis sie es endlich hören wollen. Die Weißen müssen endlich erwachsen werden und das Land hüten, wie wir es getan haben.«
[8]

Diese Zitate kleiden ein naturverwurzeltes Leben ohne große materielle Bedürfnisse in Worte. Natürlich ist dieses Naturverständnis auf die moderne Gesellschaft nicht so einfach übertragbar, denn eines solches Daseins ist schon seit Jahrhunderten nicht mehr unsereWirklichkeit.
    Dennoch haben wir daraus Lehren für unsere Weltanschauung gezogen, denn es drängt sich die Frage auf, ob unsere vorherrschende Kultur tatsächlich die bestmögliche ist?

Wir beobachten und erfahren tagtäglich, dass eine lebensbedrohende Naturzerstörung Teil unserer Wirklichkeit ist. Ist das ein unabänderlicher Zustand? Wir glauben nicht. Nach unserer Auffassung sollte sich der heutige Mensch wieder auf naturverbundenere Werte besinnen, sollte das Tor öffnen für alte Weisheiten und andere Wahrheiten, die uns helfen können, unsere Zukunft zum Wohle aller Lebewesen zu gestalten.

Eingangs forderten wir Sie auf, sich auch auf die Suche nach derWahrheit zu begeben. Doch gibt es überhaupt die Wahrheit? Sind Wahrheit und Wirklichkeit nicht auch Abenteuer unseres ganz eigenen Erlebens, die jeder für sich allein entdecken muss?
    Das, was auf »Abenteuer und Langeweile« zutrifft, trifft zweifelsohne auch auf »Wahrheit und Wirklichkeit«, »Mensch und Baum« zu. Doch Menschen und Bäume erscheinen uns nicht nur im Geiste, sondern sind wirklich vorhanden und ihre Originale liefern unserem Gehirn erst die Informationen für ihr Abbild in unserem Welterleben.
    Wir glauben, dass auch ein Original für die »Wahrheit und Wirklichkeit« existiert, das unabhängig von menschlichen Bewusstsein ist: Eine unabänderliche, naturgesetzliche Kraft im Universum, eine wahre und wirkliche System-Einheit, der alles zugrundeliegt, das existiert.

Darauf zielt unsere Suche letzten Endes, damit Ihre und unsere Wahrheit dem Original möglichst ähnlich wird und wirksame Ansatzpunkte bietet, um die Wirklichkeit positiv zu beeinflussen. Unsere Gedankengänge sind nur ein Weg von vielen. Doch wir hoffen, sie sind ein beispielhafter, leicht begehbarer Weg.

Wie sehen unsere Ziele aus? Wir wollen versuchen:

  • Eine ganzheitliche, offene Weltanschauung zu entwerfen;
  • Ideen aus den verschiedensten Weltanschauungen in einem »Weg der Mitte« zu vereinen;
  • Sie zum Nachdenken über Ihr eigenes Weltbild anzuregen;
  • Sie von der Notwendigheit eines Wertewandels zu überzeugen;
  • Ihnen Anreize zu geben, die Welt aktiv mitzugestalten
  • Hoffnung zu machen auf eine gemeinsame, menschliche Zukunft.


Um diese Ziele zu erreichen, möchten wir Sie in einer leicht verständlichen Art und Weise ermutigen, dem »Großen Geheimnis« und dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen, der nach unserer Auffassung in der Mitte zwischen allen Extremen liegt. Und wir möchten Ihnen zeigen, dass wir alle in eine selbstgemachte Katastrophe schliddern können, wenn wir unsere ernste Lage nicht erkennen und unser Verhalten dementsprechend ändern.
    Wir möchten Ihre Aufmerksamkeit für die großen Fragen des Lebens schärfen und für Ihre ganz persönliche Macht, die Welt zu verändern. Wir wollen versuchen, Ihnen zu beweisen, dass wir eine Veränderung brauchen und dass jeder von uns diese Macht hat, - nicht nur im übertragenen - sondern im direkten Sinne des Wortes.

Nichts bringt uns dem Glück näher als die Suche nach Weisheit!

*) =  Die Fähigkeit, reichhaltiges und umfassendes Wissen zusammenhängend und folgerichtig in ein von der Vernunft geprägtes Weltbild einzubauen
 
 

Zitate

6 = [DITFURTH-3 / Lit. 3, Seite 220] ... So spricht das konkrete Verhalten ... dieser angeblich so rationalistisch-aufgeklärten Gesellschaft eine ganz andere Sprache. Drogen- und Alkoholabhängigkeit, eine Renaissance abergläubischer Haltungen und Praktiken in vielerlei Spielarten, das vor allem unter Jugendlichen verbreitete Gefühl der Sinnlosigkeit des Lebens, die Verführbarkeit durch auch noch das albernste Sektenprogramm (...), das alles sind unübersehbar Entzugserscheinungen. Alle diese Phänomene, deren Ausbreitung in der ganzen westlichen Welt so viele Beobachter zu Recht mit Sorge erfüllt, sprechen nicht gegen, sondern ... für die Annahme eines sehr ausgeprägten religiösen Bedürfnisses auch des heutigen Menschen. ...
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7 = [GOVINDA / Lit. 1, Seite 124] ... so, wie in den Händen eines inspirierten Künstlers sich ein wertloser Lehmklumpen in ein unschätzbares Kunstwerk verwandelt, so sollten auch wir in gleicher Weise versuchen, aus dem uns zur Verfügung stehenden »Lehm« unseres Lebens etwas Wertvolles zu gestalten, statt über die Wertlosigkeit dieses Lebens zu klagen. Unser Leben und die Welt haben soviel »Sinn«, wie wir ihnen zumessen und in sie hineinlegen. ...
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8 = [Zitat Frithjof SCHUON, aus HIRSCH-1 / Lit. 1, Seite 219 - Nachwort] ... Es ist eine eigentümliche Tatsache, daß sich der Indianer kaum in eine der bekannten Kategorien von Kultur oder Kulturlosigkeit einreihen läßt; er ist in dieser Beziehung eine Art Ausnahme, ... und läßt sich wohl am besten mit hochbegabten Urvölkern wie den alten Germanen oder den vorbuddhistischen Mongolen vergleichen. Der Indianer steht jedenfalls als ein eigenartig ganzer Mensch vor uns: sein scharfer Verstand, seine mystische und rednerische Begabung...
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