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Ebene 3 - Thema ausführlich: »Die Beurteilung«
In den vielen Stunden, in denen wir uns mit den großen Umweltproblemen beschäftigten, wurde am Ende ganz deutlich, dass die persönlich entscheidendste Vorhersage immer noch die ist, die man für sich allein im Kopf verfasst hat. So kamen auch die Ranger alle zu einer etwas anderen Überzeugung. Alle sehen ernste Probleme, aber in den Einzelheiten waren die Einschätzungen recht unterschiedlich. So gelang es uns nicht, einen einheitlichen Wortlaut zu finden, der alle zufriedengestellt hätte.
    Das Glauben »bestätigt« und ergänzt das unweigerlich unvollständige Wissen und bildet so das persönliche Gegenwartsbild eines Menschen. Davon ausgehend versucht man, den Weg in die Zukunft gedanklich vorzuzeichnen [63] [64] [65]. 
    Es ist also sicherlich sehr wichtig, wie umfassend das Wissen ist, dass man über die Zusammenhänge der Welt gesammelt hat, aber sicheres Wissen über die Zukunft gibt es einfach nicht.
    Daher sollte man immer nach dem »Prinzip Vorsicht« handeln; vorsichtig in einer ewigen Abfolge von »Versuch und Irrtum« die Zukunft gestalten und keine Fakten schaffen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können!

Sehen wir uns einmal an, welche persönliche Beurteilung - welchen Zukunftsglauben - zwei unserer Interviewpartner uns vermittelten:
    Cronenberger Ranger: »Wir hätten nun gern eine persönliche Einschätzung zur Stabilität und Zukunftsfähigkeit der modernen Lebensweise!«

LEHMANN: »Ist eine Lebensweise überhaupt stabil? In den letzten vierzig Jahren, in denen ich lebe, konnte ich feststellen, dass sich die Lebensweise schon sehr deutlich verändert hat. Die Sechziger, Siebziger oder Achtziger Jahre sind von komplett unterschiedlichen Lebensweisen gekennzeichnet. Das heißt, die Frage ist, welche Teile der modernen Lebensweise nicht zukunftsfähig sind? Wir haben in den Industriegesellschaften immer mehr Dinge und Dienstleistungen in Anspruch genommen. Wir haben ein großes Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich weltweit erzeugt und wir haben immer mehr Rohstoffe verbraucht. Das hat jedoch nicht unbedingt zu mehr Lebensqualität geführt. So werden sicherlich viele Menschen die hektischen Neunziger Jahre nicht unbedingt großartig finden, obwohl sie viel mehr konsumieren konnten als vorher. Nachdem ich nun das Terrain um die Frage abgesteckt habe, kann ich sagen: Wir werden eine zukunftsfähige Entwicklung von Lebensweisen haben, wenn wir die Basis dieser Lebensweisen auf einen deutlich verringerten Verbrauch von Rohstoffen, Energie, Wasser und Flächen aufstellen? ... Dann können wir einen Wohlstand halten, der vielleicht etwas unter dem heutigen liegt - das ist meine Schätzung. Das bedeutet nicht übermäßigen Verzicht. Wir sollten uns jedoch darüber Gedanken machen, ob wir die tausend Dinge, mit denen wir uns täglich umgeben, wirklich zum Wohlfühlen brauchen, denn die reine Konsumgesellschaft ist sicher nicht zukunftsfähig. Um es in einem Satz zu sagen: Zukunftsfähige Lebensweise ja, aber nur unter der Bedingung einer ökologisierten Industriegesellschaft.«

HENNICKE:»Unsere Lebensweise ist nicht zukunftsfähig! Wenn unser Pro-Kopf-Verbrauch in allen Bereichen auf 10 Milliarden Menschen übertragen würde, dann gäbe es eine Katastrophe. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich ein Lernprozess entwickelt. Das Problem liegt darin, dass erst die Summe der kleinen, individuell verursachten Schäden zu einer Katastrophe wird und dass individuell umweltschonendes Verhalten keine unmittelbaren und global positiven Effekte hat. Daraus eine soziale Bewegung zu machen - das ist die Aufgabe! Es sollte in jeder Stadt, in jedem Dorf, in jeder Region eine Rangergruppe geben!«

Der letzte Satz von Professor HENNICKE ehrt uns und wir arbeiten daran.
    Ob Sie nun eher zu den Optimisten oder den Pessimisten gehören ist ihre persönliche Ansicht und für den Bau eines Welthauses weniger von Bedeutung. Entscheidend ist, dass wir Sie überzeugen konnten, dass die Menschheit mit ihrem Tun ihr eigenes Dasein unmittelbar gefährdet. 
    Obwohl wir den Gründen für den fehlenden Willen erst auf der Spur sind, kann man behaupten, dass es nur vernünftig wäre, wenn unser alltägliches Denken und Handeln die Sorge um unsere Lebensgrundlagen maßgeblich mit berücksichtigen würde. Wir werden später zeigen, dass solch eine Leitlinie durchaus machbar ist.

    Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde
    Aber nach vielen Jahrmillionen
    War der Mensch endlich klug genug.
    Er sprach: Wer redet hier von Gott?
    Ich nehme meine Zukunft selbst in die Hand.
    Er nahm sie,
    und begann die letzten sieben Tage der Erde.

    Am Morgen des ersten Tages
    Beschloss der Mensch,
    frei zu sein und gut, schön und glücklich.
    Nicht mehr Ebenbild eines Gottes.
    Und weil er etwas glauben musste, 
    glaubte er an die Freiheit und das Glück,
    an die Börse und an den Fortschritt,
    an die Planung und an seine Sicherheit. ...

    ... Und die Engel im Himmel sahen (vom zweiten bis zum sechsten Tage),
    wie der blaue Planet rot wurde,
    dann schmutzig braun und schließlich aschgrau.
    Und sie unterbrachen ihren Gesang für zehn Minuten. ...

    Am siebten Tage 
    War Ruhe.
    Endlich.
    Die Erde war wüst und leer,
    ... Tief unten
    In der Hölle aber
    Erzählte man sich die spannenden Geschichte
    Von dem Menschen,
    der seine Zukunft in die Hand nahm,
    und das Gelächter dröhnte hinauf
    bis zu den Chören der Engel.

        [Gedicht von C. Jörg Zink - dt. ev. Fernsehpfarrer, PAUSEWANG / C]
 
 

Zitate

63 = [Zitat Anselm von Canterburry - altengl. Philosoph, aus WEISCHEDEL / Seite 87] ... Das bloße Wissen könne nicht zum Wesentlichen vordringen; es müsse im Glauben wurzeln. Aber auch das bloße Glauben sei unzulänglich, solange es sich nicht mit dem Wissen verbinde; es komme entscheidend darauf an, daß der Glaube sich selbst durchsichtig werde. ...
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64 = [VOLLMER / Lit. 1, Seite 37, 38] ...Jahrhundertelang war man überzeugt, daß es sicheres Wissen gebe. ... Zweieinhalb Jahrtausende Erkenntniskritik und Wissenschaftsphilosophie scheinen jedoch eines zu lehren: Sicheres Wissen über die Welt gibt es nicht. Alle Beweisversuche, alle Ansätze zur Letztbegründung, alle Rechtfertigungsprogramme führen unweigerlich in das Münchhausen-Trilemma* ... Wissenschaftliche Erkenntnis ist ein Phänomen der letzten Jahrhunderte, allenfalls Jahrtausende; Wahrnehmung und Erfahrung gibt es dagegen schon seit Jahrmillionen. ... Allerdings sollte man aus dieser Einsicht nicht den Schluß ziehen, wissenschaftliche Erkenntnis sei ... im Grunde nur spekulativ und darum wertlos. Zwischen (Anm.: der nicht erreichbaren) Sicherheit und bloßer Spekulation liegt ein weites Spektrum. ... 
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65 = [POPPER / Lit. 1, Seite 69] ... Über die Zukunft wissen wir wirklich nichts. Wir wissen nur, daß die, die Behauptungen über die Zukunft aufgestellt haben, auch nichts wissen. Aber es gibt immer Menschen, die herrschen wollen und daher glauben, alles zu wissen, was sie dazu berechtigen würde. ...
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*) =    Es gibt drei Möglichkeiten von Begründungen: 1. Die unaufhörliche Suche nach tieferliegenden Gründen; 2. Die Begründung, die bereits unbegründete Voraussetzungen verwendet; und 3. die willkürliche Festlegung eines letzten Grundes. Keine dieser Möglichkeiten führt zu einer endgültigen Lösung einer Frage.
 

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