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Ebene 3 - Thema ausführlich: »Die alltägliche Fassbarkeit, Teil 2«
Ist der Bibelspruch »Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht«[BIBEL: Genesis 1, 28] heute erfüllt? Oder besser: War er wohl ursprünglich so gemeint, wie er klingt? Offensichtlich nicht, denn von unserem Fachlektor Wolfram von BERG erfuhren wir, dass der Christ sich bis ins Mittelalter als Hüter und Hirte der Weltschöpfung verstand. Erst mit Beginn der Neuzeit änderte sich dieses Verständnis zum Auftrag, die noch unfertige Schöpfung zu vervollständigen.
    Auf der einen Seite fördert ein göttlicher Auftrag zweifelsfrei den Antrieb des Menschen, die Dinge nach seinen Vorstellungen zu verändern und so - in Anerkennung vorwiegend guter Absichten - die Welt für die Menschheit zu verbessern.
    Auf der anderen Seite jedoch erfordert es eine sehr große Verantwortlichkeit des Menschen, denn jede Beeinflussung der natürlichen Gefüge hat Auswirkungen, deren Ausmaß uns aufgrund unseres begrenzten Wissens nicht von vornherein bekannt sein kann. Wir sind selbst aus der Evolution hervorgegangen, sind also Teil der gesamten Welt und müssen erst lernen, wie diese Welt funktioniert.
    Das Waldsterben, das Ozonloch, die Freisetzung unnatürlicher Stoffe, die Verpflasterung der Landschaft, die Ausrottung von ungezählten Tier- und Pflanzenarten oder die jüngsten, besorgniserregenden Entwicklungen des Weltklimas fassen wir als deutlichen Hinweis auf, dass der menschliche Einfluss die »Schöpfung« eher gefährdet, als sie zu vervollkommnen. Auch wenn wir bei den genannten Schlagworten sicherlich einen großen Anteil mediengemachten »Katastrophenrausches« abziehen können, bleiben doch viele ungelöste Probleme, die unsere Zukunft ernstlich bedrohen [14], [15].

Wir werden darauf noch eingehend zurückkommen müssen, um unsere Einschätzung zu belegen.

Unabhängig von der Umweltthematik gibt es noch eine Reihe weiterer Probleme, die zeigen, dass die moderne Lebensweise nicht nur gute Seiten hat: Niemals scheiterten so viele Partnerschaften wie heute, die Vereinzelung fördert allerhand sonderbare Beschäftigungen und Verhaltensweisen, der anhaltende Leistungsdruck erzeugt ungesunden Stress, das Fernsehen zeigt täglich Bilder von schlimmen Unfällen und Verbrechen aus niederen Motiven.

Nach unserem Verständnis ist es eine »Binsenweisheit«, dass menschliche Handlungen nicht nur vernünftig sind oder immer das Wohl ihrer Mitmenschen im Sinn haben. Jedenfalls erschien uns diese Behauptung unbestritten, da wir nichts anderes tagtäglich bei uns selbst beobachten können.
    Wir definierten dazu »vernünftig« als »vorausschauend, uneigennützig und einfühlsam die möglichen vorteilhaften und störenden Auswirkungen einer Handlung auf die Mitmenschen, die natürliche Ordnung und sich selbst im Rahmen seines gesamten Wissens gegeneinander abwägen, bevor man sich zu einer Tat entschließt«.
    Wenn man um die Gefahren für die eigene Gesundheit oder für die Umwelt weiß, dann erfüllen viele unserer Handlungen diese Merkmale gewiss nicht. Uns stellte sich daher die Frage, ob Menschen überhaupt zu wirklich vernünftigem Handeln in der Lage sind, oder ob sie diese Fähigkeit nur begrenzt besitzen?
    Sicher erschien uns nur, dass die Weltanschauung eines Menschen und sein Wissen über die Zusammenhänge in der Welt entscheidend beeinflussen, wie stark die Vernunft an seinem Denken und Handeln beteiligt ist.

Zurück zur alltäglichen Wirklichkeit der heutigen Menschen. Um es noch einmal deutlich hervorzuheben:
    Gewiss ging es uns in materieller Hinsicht noch nie so gut wie heute. Trotz aller Impfrisiken und Strahlenbelastungen ist die Medizin ein Segen für uns. Trotz der Nachrichtenflut verbindet nichts die Menschen mehr als die globale Kommunikationstechnik. Trotz der Arsenale an A-, B- und C-Massenvernichtungswaffen* befinden sich die meisten westlichen Länder seit vielen Jahren im Frieden. Auch wenn Umweltverschmutzung und Naturzerstörung gefährliche Ausmaße angenommen haben, so sind einige Erfolge der Naturschutzarbeit sichtbar und es besteht noch Hoffnung, dass die kommenden Umweltkonferenzen endlich nachhaltige Ergebnisse bringen.

Wo liegen nach Ihrer Meinung die Ursachen für diese zwei gegensätzlichen Seiten unserer Welt?
    Nach unserer Auffassung müssen die eigentlichen Ursachen in den Grundwerten unserer Weltbilder gesucht werden. Unser Handeln scheint auf einem geistigen Fundament zu fußen, das kaum ein Zitat besser audrückt als das folgende. Der schwedische Same** John. E. Utsi [ÁJTTE / N, 4 - 5] richtete diese Worte an die fortschrittsgläubige Welt:

... Euer starker, strahlender, schöner Glanz ist prächtig; aber eigentlich nur eine leere Illusion, eine Irreführung... Wir müßten die falschen Mythen zerstören, an die zu glauben wir gelernt haben. ... Wir wissen heute, daß Winde aufgrund von Hoch- und Tiefdruck in der Atmosphäre entstehen. Dieses Wissen hilft dem Rentierzüchter nicht viel, wenn Eiswinde kommen... Wir wissen viel über das Meiste, aber wenig über das Wichtigste. Es gibt nicht mehr viele Menschen, die uns das beibringen können. Mein Vater hatte keine Ahnung, was Ökologie war. Er war ein Teil davon. Ich weiß, was Ökologie ist. Aber ich bin nicht mehr Teil davon. ... Das versuche ich meinen Kindern beizubringen. ...

Niemand kann vorhersehen, was morgen sein wird. Niemand kann wissen, was man seinen Kindern wirklich beibringen soll! Wenn von allen Seiten Hochdruckgebiete heranziehen, dann können die Metereologen relativ sicher das Wetter für die nächsten zwei Tage vorhersagen. Doch wenn sich die Hochs und Tiefs die Waage halten, sind kaum noch treffende Vorhersagen möglich.
    Denken auch Sie, dass unsere heutige Welt äußerst widersprüchlich ist - dass wir zwischen großen Hochs und großen Tiefs stehen? Nur der Zufall der Geburt kann einem Menschen nahezu sorgenfreie Umstände bieten - wenn man am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und in die »richtige« Familie geboren wird. Doch die Chance, als Kind einer wohlhabenden, in jeder Weise gesunden Familie geboren zu werden, ist leider sehr gering.

Nachdem wir uns ausführlich mit der alltäglichen Wirklichkeit auseinandergesetzt hatten, versuchten wir, aufgrund unserer Erkenntnisse eine Einschätzung zur Lage der Menschheit zu formulieren.

*) = A = Atom-, B = Biologische-, C = Chemische Massenvernichtungswaffen
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**) = Ureinwohner Lapplands (Nördl. Teile von Norwegen, Schweden, Finnland, russ. Kola)
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Zitate

14 = [Zitat Iring Fetscher - dt. Politologe, aus ABOSCH / Lit. 1, Seite 91] »Der Glaube an die Unbegrenztheit des Fortschritts ist inzwischen in mehrfacher Hinsicht fragwürdig geworden. Die Hoffnungen auf das demokratische, das liberale und auf ein sozialistisches Millenium haben bislang alle getrogen ... Eine grenzenlose Verlängerung der Wachstumskurven der Produktion, auf die viele noch immer ihre Hoffnung setzen, ist unmöglich. Das Ende des Fortschritts, oder auch einer Art von Fortschritt wird sichtbar.« ...
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15 = [DITFURTH-2 / Lit.2, Seite 9] »Es steht nicht gut um uns. Die Hoffnung, daß wir noch einmal, und sei es um Haaresbreite, davonkommen könnten, muß als kühn bezeichnet werden. Wer sich die Mühe macht, die überall schon erkennbaren Symptome der beginnenden Katastrophe zur Kenntnis zu nehmen, kann sich der Einsicht nicht verschließen, daß die Chancen unseres Geschlechts, die nächsten beiden Generationen heil zu überstehen, verzweifelt klein sind. Das eigentümliche an der Situation ist die Tatsache, daß fast niemand die Gefahr wahrhaben will. Wir werden daher, aller Voraussicht nach, als die Generation in die Geschichte eingehen, die sich über den Ernst der Lage hätte im klaren sein müssen, in deren Händen auch die Möglichkeit gelegen hätte, das Blatt noch in letzter Minute zu wenden, und die vor dieser Aufgabe versagt hat. Darum werden unsere Kinder die Zeitgenossen der Katastrophe sein und unsere Enkel uns verfluchen - soweit sie dazu noch alt genug werden.«
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