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Ebene 3 - Thema ausführlich: »Alternative ökologische Bewegung, Teil 1«
[Texte zusammengestellt aus: DITFURTH-3, FARB, GOLDSMITH, LORENZ, VOLLMER, WEIZSÄCKER, WILSON]

Demonstrierende Naturschützer zwischen Aurelio PECCEI vom Club of Rome (links) und
Ernst U. von WEIZSÄCKER, einem der führenden Umweltwissenschaftler Deutschlands.




Schön, das Sie schon wieder reisefertig sind. Steigen Sie mit in unseren Bus und folgen Sie uns zu einem seltsamen Vorort von Urbs Sciencea. Kaum haben wir die Wolkenkratzer hinter uns gelassen, weist uns ein hölzernes Schild, das mitten in einem grünen Wildgarten steht, den Weg nach »Gaia*-City«. An der ersten Ampel macht uns ein Leuchtsignal darauf aufmerksam, den Motor zeitweilig auszuschalten. Kurz darauf gelangen wir auf eine große Wiese, die sich bei näherer Betrachtung als Parkplatz entpuppt, denn ein Weg aus Rasenlochsteinen geleitet uns zu einer Parkbucht. Offensichtlich geht es ab hier ohne den Bus weiter. 
    Wir steigen aus und werden direkt von einem bärtigen Herren mit Nickelbrille freundlich begrüßt. Er bietet uns eine Reihe von Fahrrädern, Tret- und Solarmobilen zur Auswahl an, mit denen wir uns durch die Stadt bewegen dürfen. Belustigt und verwundert suchen wir uns einige Fahrzeuge aus und beginnen unseren Ausflug.

Das Gesicht dieses Ortes ist ganz anders als das der großen Stadt: Keine Hochhäuser, kaum Baukräne oder Stahl-Beton-Architektur und vor allem keine Hektik. Eine beruhigende Atmosphäre umgibt uns, die jedoch seltsam unwirklich erscheint. Beim Anblick der bepflanzten Dächer, der aus Holz und Glas erbauten Häuser, der surrenden Windkraftanlagen, der wildromantischen Parks und Gärten, sowie der lässig gekleideten Menschen, fühlt man sich wie auf einen fremden Planeten versetzt. Erst bei näherer Betrachtung wird offenbar, dass auch Gaia-City über die Datenautobahnen mit der Großstadt verbunden ist und ebenfalls über eine Reihe hochtechnologischer Labors verfügt. Sie sind nur mehr versteckt hinter freundlich grünen Fassaden und bloß hier und da verrät ein zartes Rauchwölkchen den Einsatz von fossilen Energieträgern**.
    Wir suchen das Gespräch mit Bewohnern, um den Geheimnissen dieses Ortes auf die Spur zu kommen...

Geschichte
... Es ist verständlich, daß wir versuchen, mit Hilfe von Wissenschaft und Technik die Qualität unseres Lebens zu verbessern. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, die Grenzen eines solchen Fortschritts zu sehen und zu akzeptieren, daß wir immer von der Natur abhängig bleiben werden. Sollten sich radikale Veränderungen in unserer natürlichen Umwelt vollziehen, wären wir schutzlos. Wir müssen also mit unserem Denken und unserem Tun dem Weg der Mitte folgen. ... [LAMA / Lit. 3, Seite 77 - 78]

Da die alternative ökologische Bewegung direkt aus dem Lager der Naturwissenschaften stammt, ist es vielleicht verwunderlich, dass wir ausgerechnet einen Buddhisten als Einleitung für diesen Abschnitt zitieren. Doch er trifft genau den Kern der ökologischen Idee. 
    Die Ökologie entstand kurz vor der letzten Jahrhundertwende als übergreifende Wissenschaft. Sie sollte einen verbindenden Bogen zwischen den vielen Teilgebieten der Biologie spannen - und später auch hinüber zu anderen Wissenschaften. Die ersten Ökologen nahmen Abstand von der zunehmenden Spezialisierung ihrer Kollegen und forderten eine ganzheitlichere Sicht, um die Gesamtheit des Systems Erde nicht aus den Augen zu verlieren. So waren sie offen für Erkenntnisse aus der Physik, der Psychologie oder Randgebieten der Forschung - ja bis hin zu Aussagen verschiedener Religionen oder naturverbundener Völker. Sie waren offener für ungewöhn liche Methoden und Freilanduntersuchungen, ja selbst für weitreichende, ungesicherte Annahmen. Die Betrachtung der Gesamtheit des irdischen Lebens lässt jedoch gar keine andere Vorgehensweise zu, da sich große Systeme nicht in ein Labor zwängen lassen!

Die so gewonnenen Erkenntnisse der Ökologen führten bald zu »unbequemen« Lehrmeinungen, die nicht ohne Folgen blieben. Der aufkommenden Gegendruck verursachte schließlich einen Bruch in der jungen Wissenschaft, wie Edward GOLDSMITH in seinem Buch »Der Weg - Ein ökologisches Manifest« umfassend belegt hat [65]. Während die »alte Schule« dem ursprünglichen ökologischen Weg treu blieb, schlugen sich die anderen auf die Seite der »Nur-Fortschritts-Wissenschaftler«. 
    In den sechziger Jahren entstand durch die Häufung einiger aufsehenerregender Umweltskandale eine neue Bürgerbewegung, die sich kritisch mit den Gefahren des technischen Fortschritts auseinandersetzte und dagegen auf vielerlei Weise vorging. Ein entscheidender Schritt für eine Verbindung dieser gesellschaftlichen Strömungen mit der wissenschaftlichen Forschung war die Idee des Italieners Aurelio PECCEI zur Gründung des »Club of Rome«. Diese Organisation hatte sich die Aufgabe gestellt, wissenschaftliche Daten aufzubereiten, um damit in Politik und Gesellschaft gezielt auf Gefahren und Fehlentwicklungen hinweisen zu können. 
    Der erste »Bericht an den Club of Rome« zur Situation der Welt - »Die Grenzen des Wachstums« von Dennis L. MEADOWS, Donella MEADOWS und Jorgen RANDERS - wurde ein Weltbestseller. Viele weitere Veröffentlichungen dieser Art folgten. 
    Aus diesem Wissen und den Erkenntnissen der »alten ökologischen Schule« entstanden schließlich viele neue Initiativen wie Greenpeace, der World Wide Fund for Nature (WWF) oder Friends of the Earth, in denen sich Umwelt- und Naturschützer aus allen gesellschaftlichen Schichten organisierten. 
    Ein Beispiel für ihre Arbeit ist der unermüdliche Einsatz für die Erhaltung der Artenvielfalt. Diese Vielfalt ist der »Vorrat« der Natur, um alle denkbaren Veränderungen der Lebensbedingungen ausgleichen zu können. Die Naturschützer berufen sich darauf, um Gründe für nachhaltigeres, langfristig orientiertes Handeln zu liefern [66]. 
    (Ein kleiner Baustein in diesem Netzwerk sind übrigens auch die Sielmanns Natur-Ranger, die aus der WWF Panda-Club Jugend hervorgegan gen sind.)

Die enge Verbindung dieser alternativen Bewegung zur Wissenschaft besteht nach wie vor und Wissenschaftler wie Ernst Ulrich von WEIZSÄCKER versuchen heute eine tragfähige Brücke zu Politik und Wirtschaft zu bauen.
    Daneben erinnerten sich einige »Alternative« auch wieder an die Werte alter Kulturen und kleideten sie in ein modernes (zugegebenermaßen oftmals romantisch angehauchtes) Gewand. Viele mögen den Gedanken, die Erde als eine Art gigantisches Lebewesen zu betrachten. Der Mensch ist in dieser Vorstellung eine krankhaft entartete Zelle - die Erde leidet an »Homo sapiens« [67]. Selbst einige Wissenschaftler konnten sich mit dieser Betrachtungsweise anfreunden und kamen dabei zu interessanten Theorien, die wiederum die Ansichten der ökologischen Bewegung stützen.
    Die alternative Umwelt- und Naturschutzbewegung führte zu vielfältigen, unterschiedlichen Spielarten einer ökologischen Weltanschauung, die vom »Wurzelfresser-Öko« über den »grünen Realo« bis hin zum »militanten Tierversuchsgegner« gelebt werden. Die Konsequenz ihres Handelns und die Abgrenzung von der Durchschnitts-Gesellschaft sind sehr verschieden, doch sie alle berufen sich mehr oder weniger auf ökologisches Wissen.
    Um einen gemeinsamen Nenner zu finden, bezeichne ich den Kern der Bewegung, der einen alternativen Lebensstil fordert und sich hauptsächlich auf die Gedanken der ursprünglichen ökologischen Wissenschaft stützt, im folgenden als »Alternativ-Ökologen«.
 

*) =    Name der griechischen Erdgöttin. James LOVELOCK verwendete den Namen für seine Theorie von der lebendigen Erde
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**) =   Kohle, Erdöl, Erdgas sind entstanden aus den Überresten von Urzeitlebewesen
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Zitate

65 = [GOLDSMITH / Lit. 1, Seite 39] ... Der Holismus der ersten Ökologen ist ... unvereinbar mit dem Paradigma der Wissenschaft, durch das die Welt zufällig, atomisiert und mechanistisch erscheint. Leider ist es die letztere Ansicht über die Welt, die allein in der Lage ist, die ... Fertigprodukte zu erzeugen, die erforderlich sind, um kommerzielle Zwecke zu befriedigen ...
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66 = [WEIZSÄCKER / Lit. 1, Seite 255] ... Die Artenvielfalt kann als Versicherung gegen unvorhersehbare klimatische oder anders verursachte Veränderungen der Biosphäre aufgefaßt werden. Auch Dummheiten menschlicher Eingriffe in die Natur sind oft von der phantastischen biologischen Vielfalt abgefedert oder wiedergutgemacht worden. Es ist töricht und unverantwortlich, die Artenvielfalt zugunsten kurzfristiger ökonomischer Vorteile zu opfern. ...
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67 = [Zitat ROLLING THUNDER, aus BOYD / Seite 51] ... Wenn ein Teil der Erde verschmutzt ist, breitet sich dieser Zustand überall hin aus, wie eine Arthritis oder der Krebs, der sich durch den menschlichen Körper durchfrißt. Die Erde ist jetzt krank, weil sie mißhandelt worden ist, und viele der Probleme, die auf uns zukommen werden, sind nur ganz natürliche Reaktionen, um die Krankheit abzuwenden und zu bewältigen. In diesem Land gibt es vieles, das garnicht hergehört, Fremdkörper, wie Viren oder Bazillen. Wir werden diese Tatsache wohl im Moment des Geschehens nicht gleich erkennen, aber eine ganze Menge von dem, was in nächster Zeit auf uns zukommt, wird in Wirklichkeit eine natürliche Abwehrreaktion der Erde sein. So etwas wie Fieber oder Erbrechen. Die Erde ist ein lebendiger Organismus, der Körper eines höheren Individuums, das einen eigenen Willen und das Verlangen, gesund zu sein besitzt, das sich manchmal mehr und manchmal weniger gesund fühlt, sowohl körperlich wie auch psychisch. Der Mensch sollte seinen eigenen Körper mit Respekt behandeln, das Gleiche gilt auch für die Erde. ...
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