Letztes |
Download |
Kurztext |
Leser-Beiträge |
Ebene 3 - Thema ausführlich: »Naturwissenschaften, Teil 4« |
Kehren wir einstweilen zu den naturwissenschaftlichen Beschreibungen
zurück. Wie werden die anderen sechs Lebensfragen beantwortet?
Ist der Mensch gut oder böse?
Können wir unser Handeln frei bestimmen?
Nur die bewussten geistigen Fähigkeiten werden als weitgehend unabhängig von vorherbestimmenden Prozessen gesehen. Diese Freiheit ist allerdings abhängig von der Evolutionshöhe einer Art. Es ist sehr schwer - wenn nicht gar unmöglich - hier Aussagen für verschiedene Tierarten zu treffen. Aus eigener Erfahrung können wir nur für den Menschen eine sehr weitreichende, genetisch unabhängige Handlungsfreiheit annehmen, wenn auch die Grenzen noch lange nicht geklärt sind [52]. Können wir die Welt oder die Menschen ändern?
Wenn ja: Wie können wir etwas verändern?
Gibt es eine richtige Art zu leben?
Die Rahmenbedingungen des Erforschbaren müssen von der Politik
und der Gesellschaft festgelegt werden. Ansonsten liegen sie in der Hand
einzelner verantwortlicher Wissenschaftler.
Was können wir über die Zukunft wissen?
Viele Biologen sind nicht von der Idee einer »Weltformel« überzeugt. Nach ihrer Auffassung ist das Leben viel zu komplex, um es mit den weitaus unkomplizierteren physikalischen Vorgängen zu erklären. Die Hoffnungen der Biologen beziehen sich stattdessen auf die Anwendbarkeit der komplett entschlüsselten menschlichen Erbanlagen; das Auffinden neuer nutzbringender Substanzen in Pflanzen und Tieren und sicherlich auch auf die Lösung vieler Probleme mit den Mitteln der Gentechnik. Kritische Fragen
Diese Worte von Sir Karl POPPER
geben gut die Stimmung der Ranger bei der Frage nach einer Beurteilung
des naturwissenschaftlichen Weltbildes wieder. Allerdings muss ich vorwegschicken,
dass wir zu diesem Zeitpunkt bereits über einige andere Weltanschauungen
gesprochen hatten.
Die Ranger halten die Naturwissenschaften für
unser modernes Leben für unverzichtbar und sie sehen auf den ersten
Blick nur unwesentliche Widersprüche in den ihnen bekannten Theorien.
Durch den Einfluss der Schule finden sie sich recht gut im wissenschaftlichen
Weltbild zurecht und bekunden dadurch ihre große Nähe dazu.
Nun denn, das war ein sehr langer Aufenthalt in Urbs Sciencea, der Metropole
der Wissenschaften. Falls Sie die Stadtbesichtigung auch so angestrengt
hat wie uns, sollten Sie jetzt eine Verschnaufpause einlegen und das Buch
beiseite legen. Und wenn Sie anschließend das ein oder andere Gebäude
noch einmal besuchen möchten, weil es Ihnen allzu unfassbar erschien,
dann grämen Sie sich nicht - es wird den meisten anderen Lesern sicher
auch so ergehen. (Ein Tipp: Die umfangreichen Zitate, die Sie am Ende des
Kapitels finden, helfen sicherlich, den ein oder anderen Sachverhalt besser
zu verstehen).
*) =
Physikalisches Fachgebiet, das sich mit der Unbestimmbarkeit aller Entwicklungen
und der Selbstorganisation von Systemen befasst
Zitate 51 = [VOLLMER
/ Lit. 1, Seite 163 - 165] ... auch der Mensch (unterliegt) mit
allen seinen Eigenheiten, Fähigkeiten und Fehlern der Evolution. Diese
Tatsache kann für die Philosophie nicht irrelevant sein. ... Eine
Evolutionäre Ethik wird den Evolutionsgedanken ... in die ethische
Diskussion einzubringen versuchen. ... Maßstab für eine (philosophische)
Beurteilung
sollte also sein, ob dadurch überhaupt etwas gewonnen werden kann,
und nicht, ob auch gleich alle offenen Fragen beantwortet werden. ... So
könnte man es als moralisch richtig (oder gut) ansehen, die
Evolution weiterzuführen oder wenigstens nicht zu behindern, zum Beispiel
den Trend zur Artenvielfalt oder zu höherer Komplexität fortzusetzen
oder zu beschleunigen. ...
52 = [Zitat
Schrader, aus WOCHE-3
/ K, 25] ... (Dean) Hamers (Anm.: Genetiker am National Cancer
Institute, USA) Entdeckungen...: »Kein Gen kann einen Menschen
zu bestimmten Handlungen zwingen, ... Bestimmte Gene machen manches Verhalten
nur etwas wahrscheinlicher. Die konkrete Entscheidung, etwas zu tun oder
zu lassen, liegt aber allein im Willen jedes Einzelnen.« ...
53 = [HEY
/ Lit. 1, Seite 21] ... Eine Warnung vorweg: Begnügen Sie sich damit,
die beobachteten experimentellen Tatsachen zu akzeptieren, so wie sie sind.
Fragen Sie nicht, warum sie so sind - Sie würden sich dabei nur in
einer Sackgasse verrennen und frustriert sein. Richard Feynman behauptete
einmal, »daß niemand die Quantenmechanik versteht«, und
so bleibt uns nur zu beschreiben, wie das Geschehen in der Natur vor sich
zu gehen scheint. Mehr können wir nicht erreichen. ...
54 = [HAWKING]
... Die allgemeine Relativitätstheorie beschreibt die Schwerkraft
und den Aufbau des Universums im großen, das heißt in der Größenordnung
von ein paar Kilometern bis hin zu einer Million Million Million Million
Kilometern, der Größe des beobachtbaren Universums. Die Quantenmechanik
dagegen beschäftigt sich mit Erscheinungen in Bereichen von außerordentlich
geringer Ausdehnung wie etwa einem millionstel millionstel Zentimeter.
Leider sind diese beiden Theorien nicht miteinander in Einklang zu bringen
- sie können nicht beide richtig sein. ...
55 = [WILSON
/ Lit. 1, Seite 402] ... Kann man ausgestorbene Arten aus der noch in Museumsexemplaren
und Fossilien enthaltenen DNS wieder zum Leben erwecken? Wieder ist die
Antwort: Nein. Man hat zwar Bruchstücke der genetischen Codes einer
2 400 Jahre alten ägyptischen Mumie und von Magnolienblättern,
die vor 18 Millionen Jahren versteinerten, sequenziert, doch stellen diese
lediglich einen sehr kleinen Teil der gesamten genetischen Codes dar. Und
sogar dieser Teil ist hoffnungslos ungeordnet. Diese Organismen oder ein
Mammut oder ein Dodo oder irgendein anderes ausgestorbenes Lebewesen klonen
zu wollen, gliche, wie der Molekularbiologe Russell Higuchi unlängst
sagte, dem Versuch, ohne Zuhilfenahme der Hände eine in Fetzen gerissene
und in einer unbekannten Sprache abgefaßte große Enzyklopädie
wieder zusammenzusetzen. Betrachten wir die nächste Möglichkeit,
die ebenfalls regelmäßig ins Feld geführt wird: Weshalb
vergessen wir nicht einfach das Problem und lassen die natürliche
Evolution die im Verschwinden begriffenen Arten ersetzen? Das läßt
sich machen, wenn unsere Nachfahren bereit sind, mehrere Millionen Jahre
zu warten. ...
56 = [MERZEL
/ Lit. 1, Seite 167 ] ... Da ist es nur ein Problem, ein kleines Problem:
Die Wirklichkeit ist nicht logisch. Die Wahrheit ist nicht rational - nur
unser Geist funktioniert so. Wir sind so egoistisch, so arrogant, dass
wir die Wirklichkeit zu einer Vorstellung machen wollen, das Leben auf
ein logisches Konzept reduzieren wollen. Wir sind unent wegt damit beschäftigt,
ein Konzept von Wahrheit zu finden, aber die Wahrheit ist das, was übrigbleibt,
wenn wir alle Konzepte fallenlassen. Dann gibt es nur noch Kratzen, wenn
es juckt. ...
57 = [Zitat
Claude Bernard - frz. Physiologe, aus GOLDSMITH
/ W, 98] ... »Ein Physiologe ist kein gewöhnlicher Mensch: Er
ist ein Wissenschaftler, besessen und erfüllt von der wissenschaftlichen
Idee, die er verfolgt. Er hört nicht die Schreie der Tiere, er sieht
nicht ihr fließendes Blut, er sieht nichts als einen Organismus,
der vor ihm das Problem verbirgt, das er zu lösen versucht.«
...
58 = [Zitat
Erwin CHARGAFF,
aus GOLDSMITH
/ Lit. 1, Seite 354] »... Mann kann die Atomspaltung stoppen, man
kann Mondlandungen stoppen, man kann die Verwendung von Aerosolen stoppen,
man kann sogar beschließen, ganze Bevölkerungen nicht mit Hilfe
von wenigen Bomben zu vernichten, aber man kann nicht eine neue Lebensform
widerrufen...«
59 = [AUGUSTINY
/ C, 36] ... (Albert SCHWEITZER)
fühlte - als Knabe -, daß die Wirklichkeit der Natur durch die
Wissenschaft wohl exakter beobachtet und beschrieben wurde, das Geheimnisvolle
aber wurde immer nur geheimnisvoller. »Schon damals wurde mir klar,
dass uns das, was wir als Kraft und als Leben bezeichnen, seinem eigentlich
Wesen nach immer unerklärlich bleibt.« ...
60 = [Zitat
Albert SCHWEITZER,
aus AUGUSTINY
/ Lit. 1, Seite 152 - 153] ... Die allgemeine Resignation (des Bürgers)
wird
dadurch ... gefördert, dass die einzelnen Wissenschaften eine für
den einzelnen nicht mehr übersehbare Fülle neuer Tatsachen und
neuer Methoden des Denkens fanden. Vor dieser Fülle muß sein
Verstand kapitulieren. Dieser skeptisch gewordene und resignierte Mensch
nun wird einem Druck ausgesetzt durch die verschiedenen religiösen,
staatlichen und sozialen Gemeinschaften. Diese legen immer weniger Wert
darauf, ihn zu überzeugen, das heißt ihn anzuleiten, durch eigenes
Nachdenken Überzeugungen zu erarbeiten, sie bieten ihm vielmehr fertige
Wahrheiten und nötigen ihn, diese anzunehmen. ...
61 = [DITFURTH
/ Lit. 5, Seite 56] ... Die Sonne müßte sich, so haben die Astronomen
ausgerechnet, mindestens 200 mal schneller drehen, als sie es tut, ...
Wie also ist das Sonnensystem entstanden? Es gibt heute mehr als 30 (dreißig!)
verschiedene Theorien, die eine Antwort auf diese Frage zu geben versuchen.
Die Zahl allein ist ein unverkennbarer Ausdruck der Hilflosigkeit. ...
62 = [RHEINZ
/ Lit. 1, Seite 194 / 203] ... Daß der Erfolg allein nicht das letzte
Wort bei der Entwicklung mentaler Anpassungsversuche behält, wird
bereits daran erkennbar, daß es überhaupt zur Entwicklung verschiedener
Arten gekommen ist. Denn wäre das Überleben allein von Belang,
würde die Welt nur aus Pantoffeltierchen bestehen. Bereits diese frühen
Lebensformen hatten mit ihren grundlegenden Strategien... ein überaus
erfolgreiches Überlebensprogramm entwickelt. ... (Doch) Bei
diesem einfachen Verhaltensrepertoire blieb es ja gerade nicht. Im Gegenteil...
/ (Zudem ist mit der Evolution) ein wichtiges Merkmal des menschlichen
Bewußtseins ... nicht erklärt. Nämlich das Phänomen,
daß gerade Merkmale, die keineswegs zu besserem physischen Überleben
prädestinieren, vermutlich zu tragenden Säulen bei der Bewußtseinsentwicklung
wurden. ... Eigenschaften, welche die biologische Entwicklung und die Überlebenschancen
verringern, fördern geradezu die Entwicklung des Bewußtseins...
Nicht der körperstarke, erfolgreiche Jäger ..., sondern der Sensible
... und schwächere Typus ... gewinnt Oberhand und bestimmt den Fortgang
der Bewußt seinsgeschichte. ...
|