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Ebene 3 - Thema ausführlich: »Indianische Weltanschauungen, Teil 2«
Was können wir über die Welt wissen?
Im weitesten Sinne gehören die Religionen der amerikanischen Ureinwohner zum Schamanismus, d.h. zu den Naturreligionen, die allen Dingen innewohnende Geister zuschreiben [99] [100] [101]. Zu diesen Geistern kann der Mensch über einen kundigen Mittler zwischen den Welten - einen Schamanen - Kontakt aufnehmen. Dieser Kontakt ist wichtig, um die Mächte der Natur gütig zu stimmen und so das Schicksal des Stammes positiv zu beeinflussen.
    Die Erschaffung der Welt wird in den Naturreligionen - nicht nur in den nordamerikanischen - in Mythen geschildert, die oftmals erstaunliche Parallelen zur christlichen Schöpfungsgeschichte aufweisen [102]. So ist die Reihenfolge der erschaffenen Dinge und Wesen in der Regel die gleiche, es kommt häufig zu sintflutartigen Katastrophen in der Frühzeit des Menschengeschlechtes und der Schöpfer wird von manchen Stämmen als hochgottähnliches Wesen vorgestellt. 
    Manchmal findet man den Schöpfer auch in Gestalt eines Tieres vor. Überhaupt haben Tiere - wie z.B. das weiße Büffelkalb der Sioux oder die Familientotems* der Nordwestküstenstämme [103] - als Bindeglieder zwischen dem Diesseits und dem Jenseits eine besondere Bedeutung.
    Traditionelle Indianer betrachteten alle Dinge in der Natur als ihre Verwandten. Pflanzen und Tiere waren Brüder und Schwestern, die Sonne oder der Himmel hatte oft die Rolle eines Vaters und die Erde die einer Mutter [104] [105] [106]. 
    Viele der Vorstellungen, die man bei uns landläufig als die »ewigen Jagdgründe« kennt, ranken sich nicht nur um das Vorhandensein einer jenseitigen Geisterwelt, in der die Ahnen ewig weiter»leben«, sondern auch um die Wiedergeburt der Menschen in Gestalt von Tieren. Bei einigen Stämmen kann man außerdem Vergleiche mit dem Glauben an das Gesetz des Karmas [Kap. 4.3.2 und 4.5.1] aus den fernöstlichen Großreligionen ziehen [107].
    Im Gegensatz zu den meisten anderen Naturreligionen glauben viele Indianer an eine allumfassende göttliche Kraft, die jedoch als solche nicht bildhaft und »vermenschlicht« beschrieben wird wie der christliche Gott [108]. Viele Völkerkundler streiten sich darüber, wie man sich diesen Großen Geist vorstellen soll - der z.B. als Manitu (Algonkin), Uakan-Tanka (Sioux), Pokunt (Shoshone), Maheo (Cheyenne), Usen (Apache), Orenda (Irokesen) oder Massau´u (Hopi) bezeichnet wird. Ich habe versucht, einen Mittelweg der verschiedenen Definitionen zu finden:

Viele Dinge der Natur werden von Geistern bewohnt, sind demnach beseelt und lebendig. Sie sind dadurch als sichtbare Teile des »Großen Geheimnisses« heilig [109]. Das Große Geheimnis selbst liegt im Gesetz des ewigen Werdens und Seins, das dem Universum innewohnt - es ist der Urgrund der Existenz, die Urkraft, die in allen Dingen, Lebewesen und Geschehnissen wirkt. Diese Kraft ist nicht in der Welt, sondern die Welt ist in ihr eingebettet. Auf diese Weise steht sie unabhängig von jeder Auswirkung und unbegrenzt über allen Dingen und Wesen. 
    In dieser Form ist sie unpersönlich und unerkennbar [110]. Über die mannigfaltigen Naturgeister - zum Beispiel in Gestalt eines Grashalmes, eines Büffels, eines Blitzes oder Felsens - kann der Mensch einen Zugang zum Großen Geheimnis finden [111] [112] [113]. 
    Zu dieser Erkenntnis gelangen viele Indianer bei der Suche nach einer Vision - einer Eingebung -, die durch Fasten, Meditation oder Selbstkasteiung hervorgerufen wird. Dabei offenbart sich zudem häufig die geistige Verwandschaft zu einem bestimmten Tier, dessen Geist fortan als Totem - als Schutzgeist - angesehen wird.

Ist der Mensch gut oder böse?
Die Aufgabe des Menschen wird als Mittler zwischen dem Leben auf der Erde und dem Großen Geist gesehen. Der Mensch gilt als Hüter der Erde. Im Bewusstsein dieser Verantwortung ist er gut. Die Schuld, die er durch das Töten und Verletzen seiner lebenden Verwandten auf sich lädt, muss durch eine allzeit gelebte Ehrfurcht und Dankbarkeit den Pflanzen, Tieren und Naturvorgängen gegenüber gesühnt werden. Dies ist wohl der Grund dafür, dass die Indianer früherer Zeiten keinen Unterschied zwischen ihrem Alltag und ihrer Religion machten. So gab es häufig nicht einmal ein Wort für Religion in den indianischen Sprachen. Das ganze Leben war Religion [114/G]!

Können wir unser Handeln frei bestimmen?
Ja und Nein. Es gab bei vielen indianischen Glaubensrichtungen klare Vor stellungen von vorherbestimmten, also schicksalhaften Veränderungen. Diese Veränderungen waren jedoch abhängig vom Verhalten der Menschen, die ihrerseits frei ihren Weg wählen konnten. Verließen sie den »guten roten Weg«, war mit schicksalhaften schlechten Folgen zu rechnen. Heute sprechen Indianer gern von der Verantwortlichkeit unserer Freiheit [115/N]. 
    Während ein großer Teil der Weißen in Bezug auf die Umwelt nach dem Motto »Tu, was du willst!« lebt, gilt für den traditionellen Indianer eher »Tu, was du darfst!« Diese Haltung entspringt der allgegenwärtigen, großen Erdverbundenheit dieser Menschen. Die Erde ist unsere Mutter und wir sind nur ihre unreifen Kinder [116/N].

Können wir die Welt oder die Menschen ändern?
So wie ich der Literatur entnommen habe, wurde diese Möglichkeit früher eher verneint. Die Möglichkeiten menschlicher Freiheit verursachten eher Schaden als Verbesserungen für das Volk, so dass von einem vorteilhaften »Können« keine Rede sein könnte. Als Hüter hatte der Mensch vielmehr die Aufgabe, darauf zu achten, dass die ewigen, natürlichen Kreisläufe nicht aus dem harmonischen Gleichgewicht gerieten [117/N].
    Trotz dieses ökologisch anmutenden Glaubensbekenntnisses sind die modernen Indianer leider keine »Umweltengel«. Sicherlich hatten sie früher weitaus umfassendere Kenntnisse von den Zusammenhängen in der Natur als wir und die tiefe Verehrung der Natur sollte uns ein Vorbild sein. Doch auch Indianer sind nur Menschen, von denen viele - vor allem nach der jahrhundertelangen Europäisierung - den »materiellen Fängen und Werten« der bequemen Verbrauchsgesellschaft nicht entrinnen können.

Wenn ja: Wie können wir etwas verändern?
Da die natürlichen Kreisläufe nach indianischem Glauben insgesamt kaum beeinflußt werden können, beschränkten sich die Fähigkeiten des Menschen hauptsächlich auf spirituelle Rituale, die dem Gleichgewicht zwischen Mensch und Großem Geheimnis dienten. 

Gibt es eine richtige Art zu leben?
Für uns sicher befremdlich ist das hohe Ansehen von Diebstahl und Raub bei einigen Stämmen der vorigen Jahrhunderte. Das liegt daran, dass die Alt-Amerikaner einen völlig anderen Eigentumsbegriff als wir hatten. Die Erde und alles was auf ihr lebt, gehört niemandem - kann niemandem gehören [118/N]. So wurden von den meisten Stämmen nur wenige persönliche Dinge als wirkliches Eigentum betrachtet. 
    Auch der Tod - und sei es ein gewaltsamer - hatte nicht solch eine negative Bedeutung wie bei uns, da man in der Hoffnung lebte, durch seinen Kampfesruhm und seinen Einsatz für den Stamm, ein gutes Leben im Jenseits oder eine gute Wiedergeburt zu erlangen. Die Moral war - wie gesagt - eine andere als unsere christlich geprägte, doch sie hatte in allen Stämmen höchste Bedeutung für das Zusammenleben [119/W].
    Dazu ist anzumerken, dass der Großteil der indianischen Stämme vor den Völkerwanderungen - die die vorrückenden Weißen auslösten - nicht so kriegerisch waren, wie sie oft dargestellt werden. Kamen auch hin und wieder Kriegszüge vor, wie z.B. bei den Plainsstämmen, so war es viel ehrenhafter, einen Feind nur zu berühren, statt ihn zu töten.
    Nach dem Wiedererstarken der indianischen Glaubensvorstellungen liegt heute der Schwerpunkt moralischer Vorstellungen auf der Achtung vor Mutter Erde und vor den Geistern auf dem Land der Vorfahren. Für einige Völker des amerikanischen Ostens war es zudem seit jeher wichtig, bei jeder Handlung an die möglichen Folgen bis zur siebten Generation nach der Gegenwart zu denken. Diese Ansicht wird heute gern von traditionsbewussten Indianern aller Stämme vertreten.
    Diese »ökologischen« Werte sind heute leider oft nur Lippenbekenntnisse und werden nicht mehr gelebt. Dennoch sind sie unter traditionellen Indianern noch vorhanden und stellen ein nachahmenswertes kulturelles Erbe der Alt-Amerikaner dar!

Was können wir über die Zukunft wissen?
Nach den Zeiten jahrhundertelanger Verfolgung, Unterdrückung und Umerziehung zu »roten Weißen« sind viele Indianer immer noch von Mutlosigkeit geprägt. Erst seit wenigen Jahrzehnten bekennen sich einige wenige wieder zu ihren alten Werten und versuchen, die Zustände für ihre Völker zu verbessern - vorwiegend mit den Mitteln der allmächtigen weißen Welt. So besteht die Hoffnung in erster Linie auf soziale Gerechtigkeit, Arbeit und weniger Armut. Aus spiritueller Sicht seien noch die bereits erwähnten Prophezeiungen der Hopi und der Sioux erwähnt [KAISER-1 / G]. Als die ersten Atombomben fielen, deuteten die Hopi dies als Erfüllung ihrer Prophezeiung »Wenn eine Kürbisschale voll Asche vom Himmel fällt...« und sahen das letzte Weltzeitalter gekommen. Die Aufgabe, die einige Hopi darin sehen, ist nun, die Menschheit auf den guten Weg der Harmonie mit dem Universum zurückzuführen. Gelingt das, wird eine neue Zeit anbrechen; gelingt es nicht, wird die Welt untergehen. Seither sind die Hopi mehr oder weniger erfolgreich bemüht, von der Weltöffentlichkeit gehört zu werden. Auch bei den Sioux kündigt sich das letzte Weltzeitalter an »... wenn der Büffel, der im Westen steht, nur noch ein Bein hat und fast ganz kahl ist«. Das drohende Aussterben des Bisons wird mit diesem Glauben verbunden.

Kritische Fragen
In Bezug auf die umfangreiche Literatur, die wir anlässlich unseres indianischen Theaterstückes gelesen hatten, kamen wir zu dem Schluss, dass man wohl kaum religiöser (in unserem Sinne! Vergl. Definition) leben kann als die ursprünglichen Indianer und dass keines der Weltbilder, die wir besprochen haben, eine so ausgeprägte Verantwortung für künftige Generationen kennt. Doch die kritischen Fragen sind trotzdem belastend: 

  • Kann diese Weltanschauung sinnvoll auf unsere Zeit übertragen werden, in der kaum noch jemand Kontakt zur Natur hat?
  • Kann jemand, der nicht an Gott glaubt, mit dem »Großen Geheimnis« etwas anfangen? Oder mit der Beseeltheit der Natur?
  • Passen die indianischen Moralvorstellungen auf unsere Moral?
Soweit, so gut. Wir werden später noch einmal auf die traditionellen Denkmodelle der Indianer zurückkommen, wenn wir versuchen, unsere Gesellschaft einmal von »außen« zu betrachten [Kap. 5.4]. 
    Doch unsere Weltreise ist noch lange nicht zu Ende. Wir machen uns nun auf den beschwerlichen Weg zu den »Heiden des 21. Jahrhunderts«, die ebenfalls im Land der Geisterreligionen wohnen. Die Indianer wiesen uns den Weg zum »New Age Clan«, deren Mitglieder hin und wieder zu Besuch kamen, um mit ihnen zu philosophieren.

*) =    Wappentiere, die zum einen die Zugehörigkeit zu einem Clan zeigten und die zum anderen auf den jeweiligen Tier-Schutzgeist hinwiesen
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Zitate

99 = [Zitat Wladimir SANGHI, aus LUDWIG / Seite 165] ... In jedem lebendigen Wesen wohnt ein kleiner Gott. Und weil wir alles, was lebt, anbeten, könne wir auch nicht rücksichtslos mit dem umgehen, was uns die Natur gegeben hat. ...
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100 = [Zitat Cesspooch, aus LUDWIG / Seite 196 - 197] (Indianisches Gedicht) ... Lebender Fels: Ich sah einen Stein, ... Ich lebe das Leben der Felsen. Ich bin ein Teil der Erdmutter. ... Ich bin ein Teil uns' res Vaters, des großen Geheimnisses. ... Ich bin ein Verwandter der Sterne. Ich spreche, wenn du zu mir sprichst. ... unser Fühlen ist eins. Ich bin gefüllt mit heilender Kraft, ... Du denkst ich sei ein Felsen, welcher liegt in der Stille, ... Doch das bin ich nicht, sondern Stück allen Lebens. Ich bin lebendig, denen, die denken. ...
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101 = [Zitat Ailo Gaup - samischer Dichter, aus LUDWIG / Seite 195] (Samisches Gedicht) ... Das Wort: Flüstere zu den Felsen, in dem versteckten lauscht etwas, nimmt das Wort entgegen, führt es weiter und vollendet es. ...
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102 = [Zitat J. Campbell, aus LEAKEY / Seite 308] ... Es ist wirklich interessant, daß alle menschlichen Gesellschaften das Bedürfnis verspürten, ein mythisches System hervorzubringen, eine Erklärung dafür, wie die jeweilige Gesellschaft entstanden ist und welchen Platz sie in der Welt einnimmt. Und noch interessanter sind die vielen Übereinstimmungen zwischen den Mythologien. »(Dies) zwingt uns dazu, die Kulturgeschichte der Menschheit als Einheit zu betrachten«, beobachtete Campbell. »Wie sich herausstellt, findet man Themen wie den Raub des Feuers, Sintflut, Totenreich, Jungfrauengeburt und Wiederauferstehung überall auf der Erde - sie tauchen immer wieder in anderen Kombinationen auf, aber in Wirklichkeit sind es, ... stets die gleichen wenigen Elemente. ...
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103 = [SCHWEER / Lit. 2, Seite 22] ... Das Totemtier wird nicht im biologischen Sinne aufgefaßt, sondern im mythologischen. Die Erzählungen von Totemtieren sollen die mythische Verbindung und den gemeinsamen Ursprung von Mensch und Tier veranschaulichen, sie sind keine irrationale Gleichsetzung von beiden. Es käme ja auch in Europa niemand auf die Idee, aus dem hier vorhandenen Märchen- und Mythenschatz zu schließen, wir würden ernsthaft glauben, daß ein Tier sich in einem Menschen verwandeln könne. ...
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104 = [OTH / Lit. 1, Seite 150] ... Sie schonen die ihnen heilige Natur und waren die ersten »Umweltschützer« der Geschichte. Sie betrachteten sich nämlich nur als einen winzigen Teil der Mutter Erde und fühlten sich der Tier- und Pflanzenwelt verpflichtet. Da jede Kreatur, jeder Strauch, jede Quelle, jeder Grashalm von Manitu durchgeistigt war, durften sie sich nicht an der natürlichen Ordnung versündigen. Somit unterschied sich ihr Weltbild grundsätzlich von dem unsrigen. ...
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105 = [HIRSCH  / Lit. 1, Seite 24 / 33 / 43 / 47] ... »Unser Altvater Uakan-Tanka, Du bist alles und doch über allem! Du bist der Anfang. Du warst seit Ewigkeit. ... / ... Alles, was sich bewegt, und alles, was ist, will eine Stimme zu Uakan-Tanka schicken. ... / ... »Du, o Seele, bist die Hokschitschankiya, der Ursame. ... Altvater und Vater Uakan-Tanka, und Altmutter und Mutter Maka, die Erde. Denke an diese vier Verwandten, die in Wirklichkeit alle Einer sind, ... / ... Uakan-Tanka ..., der ewig fließt und Seine Macht und Sein Leben allem mitteilt...
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106 = [aus LUDWIG / Seite 102] »Laguna Pueblo« - Wiegenlied: Die Erde ist deine Mutter, sie hält dich. Der Himmel ist dein Vater, er beschützt dich, schlaf, schlaf, Regenbogen ist deine Schwester, sie liebt dich. Die Winde sind deine Brüder, sie singen dir zu. Schlaf, schlaf. Wir sind immer beisammen. Wir sind immer beisammen. Es gab nie ei ne Zeit, wo dies, nicht so war. ...
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107 = [HIRSCH / Lit. 1, Seite 21 / 27 / 227 / 230] ... Beim Zurückhalten einer Seele ... wird die Seele so geläutert, daß sie und der Geist eins werden: damit wird sie fähig, zu der »Stelle«, wo sie geboren wurde - zu Uakan Tanka -,zurückzukehren und braucht nicht über die Erde zu wandern, wie die Seelen schlechter Leute es tun müssen; ... / ... und daß kein Zank und Hader stattfindet; immer muß in dieser Wohnung (Anm.: des Verstorbenen) Eintracht herrschen, denn alle Dinge haben einen Einfluß auf die Seele... / Das Herz ist das Heiligtum, in dessen Mitte sich ein kleiner Raum befindet, wo der Große Geist wohnt... Wenn das Herz nicht rein ist, dann kann der Große Geist nicht geschaut werden, und solltet ihr in dieser Unwissenheit sterben, so kann eure Seele nicht sogleich zu Ihm zurückkehren, sondern muß durch Irrfahrten in der Welt gereinigt werden. ... / ... »Jeder Mann«,... »der an die Sinne und die Dinge dieser Welt gebunden ist und deshalb in Unwissenheit dahinlebt, wird von Schlangen aufgezehrt - von seinen eigenen Leidenschaften.« ...
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108 = [OTH / Lit. 1, Seite 150] ... Die Indianer waren vom Glauben an eine allmächtige ... Lebenskraft durchdrungen, die sich ihnen überall in der Natur offenbarte. ... Die Weißen bezeichneten sie mit dem Ausdruck »Großer Geist« ... (doch) Der Gottesbegriff des Roten Mannes hatte wirklich nichts mit dem ... christlichen Schöpfer gemein. ... das »Große Geheimnis« war Ursprung und Quelle jeder Kraft und »beseelte« alle Geschöpfe und Gegenstände... (Die Indianer) glaubten, die Welt sei geheimnisvoll in ... (ihm) eingebettet, so daß (es) in allen Dingen wirke, ohne aber selbst »in der Welt« zu sein. ...
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109 = [Zitat OHIYESA, aus MCLUHAN / Seite 42] ... Im Leben des Indianers gab es nur eine unumgängliche Pflicht - die Achtung vor dem Unsichtbaren und Ewigen. Dieser Achtung Ausdruck zu verleihen war jedem Indianer wichtiger als die tägliche Nahrung. Er erwacht bei Tagesanbruch, zieht seine Mokassins an und schreitet an den Rand des Wassers hinab. Er wirft sich Händevoll klaren, kalten Wassers ins Gesicht oder taucht seinen ganzen Körper ein. Nach dem Bad steht er aufrecht in der ersten Morgenröte, mit dem Gesicht zur aufgehenden Sonne, und bringt ein stummes Gebet dar. ... Wann immer der rote Jäger bei seiner täglichen Jagd etwas erblickt, das eindrucksvoll und erhaben ist - eine schwarze Gewitterwolke mit einem leuchtenden Rund des Regenbogens über dem Berg oder einen weißen Wasserfall im Herzen einer grünen Schlucht oder die weite, von einem blutroten Sonnenuntergang überhauchte Prärie -,verharrt er einen Augenblick in andächtiger Haltung. Er hält es nicht für notwendig, einen von sieben Tagen zu heiligen, denn er weiß, daß Gott jeden Tag für ihn gemacht hat, wenn er versteht, die Natur zu achten. ...
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110 = [Zitat HÄCHAKA SSAPA, aus KRONFLI / Seite 14] »... Alles ist heilig, vergesst das nicht. Jeder Sonnenaufgang ist ein heiliges Geschehen; jeder Tag ist heilig, da das Licht von eurem Vater, dem Großen Geheimnis kommt; auch müsst ihr daran denken, dass die Zweibeiner und alle anderen Völker, die auf dieser Erde stehen, heilig sind und demgemäß behandelt werden sollen.«
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111 = [Zitat Joseph E. Brown - am. Religionswissenschaftler, aus HIRSCH-1 / Seite 231] ... Uakan-Tanka als »Altvater« ist der Große Geist, unabhängig von jeglicher Auswirkung, eigenschaftslos, unbegrenzt, also das Unbedingte, gleich der christlichen Gottesnatur oder dem hinduistischen Brahma-Nirguna. ...
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112 = [GOLDSMITH / Lit. 1, Seite 400] ... Weil der chtonische Mensch (Anm.: Mitglied eines erdverbundenen Volkes) keine Unterscheidung zwischen sich und anderen Tieren machte, gab es in seiner Ordnung der Dinge keinen Grund, zwischen sich selbst und seinen Göttern und den sie verkörpernden Tieren und Geistern zu unterscheiden, denn alle waren Teil desselben Kosmos. ...
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113 = [Zitat HÄCHAKA SSAPA, / Lit. 1, Seite 10] ... Wir sollten verstehen, daß alles das Werk des Großen Geistes ist. Wir sollten wissen, daß er in allen Dingen ist: in den Bäumen, den Gräsern, den Flüssen, den Bergen und all den vierbeinigen Tieren und den geflügelten Völkern; und was noch wichtiger ist: wir sollten verstehen, daß Er auch über all diesen Dingen und Wesen ist. Wenn wir all das tief in unsern Herzen erfassen, dann werden wir den Großen Geist fürchten, lieben und kennen; und dann werden wir uns bemühen, so zu sein, so zu handeln und zu leben, wie Er es will.
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114 = [Zitat D.H. Lawrence - engl. Schriftsteller, aus GOLDSMITH / Seite 390] »... In der ältesten Religion war alles lebendig, nicht übernatürlich, sondern natürlich belebt. ... Denn das ganze Bemühen des menschlichen Lebens besteht darin, sein Leben in direkten Kontakt mit dem elementaren Leben des Kosmos zu bringen, mit dem Leben der Berge, dem Leben der Wolken, dem Leben des Donners ... (u.s.w), in unmittelbar spürbaren Kontakt zu kommen, und so Energie, Kraft und eine dunkle Art von Vergnügen zu schöpfen. Dieses Bemühen um bloßen, nackten Kontakt ohne ein Zwischenglied oder einen Vermittler ist die ursprüngliche Bedeutung von Religion.« ...

115 = [Zitat TEKARONTAKE, aus KRONFLI / Seite 71] ... Wenn wir heute feststellen, dass viele Dinge aus dem Lot geraten sind, sollten alle Menschen sich daran erinnern. Denn es sind nicht die Tiere und anderen Lebewesen, die das Wasser verseuchen; es sind nicht die Sonne und der Mond, die die Luft verschmutzen; es sind nicht die Sterne, die das Land zerstören. ... Es ist unser aller Aufgabe, die Schöpfung zu bewahren, damit sich auch die, die nach uns kommen, an ihr erfreuen können. Es liegt an jedem Einzelnen selbst, die Menschen daran zu erinnern, was ihre eigentliche Aufgabe ist. ...

116 = [Zitat Bill Erasmus - kan. Dene-Häuptling, aus SEIWERT / Seite 78] ... «Das Land ist stärker als alle Menschen. Es sagt uns, was wir tun müssen. Zum Beispiel müssen wir unsere Kleidung dem Wetter anpassen. Das zeigt, wie klein wir sind. Wir stehen in der Kette der Evolution ganz unten. Da war das All, waren die Geister, die Tiere und Pflanzen, und dann erst kam der Mensch. Wir stehen ganz unten. Die Weißen wollen das oft umdrehen und sagen, der Mensch stünde ganz oben. Es ist gefährlich, so zu reden.« ...

117 = [SUN BEAR / Lit. 1, Seite 105] ... Die ganze Schöpfung, die uns umgibt, ist mit Intelligenz begabt -Tiere, Pflanzen-, und dieser andere Teil der Schöpfung nimmt sehr viel aufmerksamer die Veränderung auf der Erde wahr, als es die meisten Menschen tun. Diese anderen Geschwister des Menschen können Dinge schon vorher fühlen. Die Wale senden uns zum Beispiel sehr oft Warnungen. Sie versuchen uns zu vermitteln, das die Welt aus den Fugen geraten ist und wir das Gleichgewicht verloren haben. Aber der Hochmut der Menschen ist groß, er verführt sie, die Natur und die Tierwelt als sprachlose Welt zu verachten. Diese Haltung ist der eigentliche Grund, warum wir keine Bindung zur Natur herstellen können. Wir sind so stark von unserem Vorurteil gegenüber der anderen Schöpfung geprägt. Und so entgeht uns lebenswichtiges Wissen. ...

118 = [Zitat Blackfeet-Häuptling, aus MCLUHAN / Seite 59] ... Unser Land ist wertvoller als euer Geld. Dieser Boden wir immer bestehen. ... Wir können nicht das Leben von Menschen und Tieren verkaufen, deshalb können wir dieses Land nicht verkaufen. Der Große Geist hat es hier hingebreitet, und wir können es nicht verkaufen, weil es uns nicht gehört. ...

119 = [GOLDSMITH / Lit. 1, Seite 71 - 72] ... Das kulturelle Modell einer traditionellen Gesellschaft ist ... in der Sprache der Moral formuliert, weil ihre grundlegenden Instruktionen von moralischer Natur sind. ...

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