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Ebene 3 - Thema ausführlich: »Christentum und Islam,Teil 2«
Ist der Mensch gut oder böse?
Im Ursprung ist der Mensch gut geschaffen, doch sein eigener Wille und seine Neugier führten zum Sündenfall im Paradies: Der Mensch erhält das Böse, das ihn nun sein ganzes Leben lang als Gegensatz zum Guten begleiten wird. Die Offenbarung der Religion ist der einzige Weg, um das Böse zu besiegen.

Können wir unser Handeln frei bestimmen?
Ja und nein. Gott bestimmt grundsätzlich den Lauf der Dinge und die Entwicklung der Welt mündet unweigerlich beim jüngsten Gericht, wo der Mensch vor Gott dem Richter steht. Die genaue Entwicklung der Geschichte hängt jedoch vom Verhalten der Menschen ab. Wer fromm ist und sein Leben nach den zehn Geboten oder dem Koran gestaltet, der wird errettet. Er kann guten Gewissens vor den Schöpfer treten und hat nichts zu befürchten. Dazu gehört im Christentum inssbesondere die Überzeugung, dass JESUS für die Sünden aller Menschen gestorben ist. 

Können wir die Welt oder die Menschen ändern?
Ja, - der Mensch hat sogar den göttlichen Auftrag, die Welt nach seinen Bedürfnissen zu verändern, sich auszubreiten [79] und die Andersgläubigen zu bekehren. Gott macht so den Menschen zu seinem Stellvertreter auf der Erde - sofern er sich an Gottes Gesetze hält.

Wenn ja: Wie können wir etwas verändern?
Durch Nächstenliebe, Gebet und Arbeit können wir die Welt und den Menschen ändern. Doch auch die Natur wird als Vorbild genannt, um für den Fortschritt zu lernen [80]. Für den Vertreter der Kirche ist die erste Pflicht die Liebe zu Gott. Sie soll sich auch in der Bekehrung Andersgläubiger zum Christentum als »einzig wahrem Glauben« äußern.
    Diesen Missionsgedanken gibt es auch im Islam. Jedoch geht man hier nicht davon aus, dass die Menschen durch Überzeugungsarbeit bekehrt werden müssen, sondern man erwartet von Ungläubigen selbstverständlich und widerspruchslos die sofortige Bekennung zu Allah, sobald man von ihm erfahren hat.

Gibt es eine richtige Art zu leben?
Im Christentum liegt der Schwerpunkt für den Gläubigen auf einem gelungenen, Gott und dem Menschen verpflichteten Leben. Es ist in diesem Sin ne gekennzeichnet durch Nächstenliebe, Frieden und Vergebung, sowie durch die Einhaltung der Zehn Gebote.
    Im Islam ist die Gottesunterwürfigkeit noch weitaus bedingungsloser als bei den Christen. So hat der Gläubige fünf heilige Pflichten zu erfüllen: Er hat an den einen Gott zu glauben, täglich zu beten, im Ramadan einen Monat zu fasten, barmherzig mit den Armen zu sein und einmal im Leben das heilige Mekka zu besuchen.
    Die Gebote der Gottesreligionen dienen vor allem dem besseren Zusammenleben. Der reine Glaube an Jahwe oder Allah soll dagegen das Dasein mit einem tieferen Sinn erfüllen, ganz so, wie der Philosoph Ludwig WITTGENSTEIN treffend formuliert hat:...
    (Der) Sinn der Welt; er muß außerhalb ihrer liegen. ... An einen Gott glauben heißt, die Frage nach dem Sinn des Lebens verstehen. An einen Gott glauben heißt sehen, daß es mit den Tatsachen der Welt noch nicht abgetan ist. An Gott glauben heißt sehen, daß das Leben einen Sinn hat. ... [aus WEISCHEDEL  / Seite 297]

Was können wir über die Zukunft wissen?
Im Gegensatz zu den unendlich sich wiederholenden Kreisläufen immer neuer Universen in den fernöstlichen und den meisten eingeborenen Weltanschauungen ist für das Christentum und den Islam eine linear verlaufende Weltgeschichte kennzeichnend. In dieser Zeitanschauung liegt sicher auch eine Wurzel unseres modernen Fortschrittsdenkens: Das Streben, die Welt immer weiter zu verbessern, um am (nicht bekannten) Ende einen möglichst hohen Stand erreicht zu haben [81]. 
    In den beiden Gottesreligionen zielt die Geschichte vom Anfang der Schöpfung auf ein endgültiges Weltende. Nach der Läuterung* am jüngsten Tag, dem die Schrecken des Weltunterganges der Apokalypse vorhergehen, werden die Menschen auferstehen und im Reich Gottes ewig leben. Die menschliche Seele ist dann für alle Zeiten bei Gott.

Kritische Fragen
Mit dem folgenden Problem hatten wir in unserer »Weltbildkonferenz« schwer zu kämpfen, denn ob wir wollen oder nicht, sind wir Europäer alle Kinder des Christentums:.
    ... Einer Darstellung der Lehre stehen beim Christentum ... größere Schwierigkeiten entgegen als bei den anderen Religionen, weil der Abendländer ... mit dem Christentum ... seit seiner Jugend in positiver oder negativer Weise so stark verknüpft ist, daß er Gefahr läuft, Unwesentliches in den Vordergrund zu rücken oder Wesentliches zurückzustellen. ... [GLASENAPP / Lit. 1, Seite 286]

Die Ranger taten sich denn auch sehr schwer, den christlichen (und moslemischen) Glauben zu beurteilen. Wir halfen uns, indem wir an diesem Punkt die Diskussion unterbrachen und erst nach der Vorstellung dreier weiterer Weltanschauungen wieder aufnahmen.
    Dennoch blieben einige Zweifel bestehen und wir empfehlen Ihnen daher, die folgenden Punkte besonders sorgsam und kritisch zu lesen, falls uns trotz aller Vorsicht Fehleinschätzungen unterlaufen sind! (Übrigens haben wir uns in dieser Einschätzung nicht mehr mit dem Islam beschäftigt)

  • Bleibt es nicht im Grunde jedem Christen selbst überlassen, wie er die Bibel auslegt? Er kann entweder auf ihren Wortlaut pochen oder die alten Texte auf unsere Zeit übertragen. Daher wird es vom »fanatischen Bibelbeschwörer« bis zum »großzügigen Bibeldeuter« alle nur denkbaren Abstufungen geben. Die Fragen »Kann man das Christentum auf die heutige Zeit anwenden?«, »Ist es leicht, sich in dieser Weltanschauung wiederzufinden?« und »Gibt diese Religion eine moralisch verpflichtende Anleitung für weitsichtiges Handeln?« führten zu hitzigen Diskussionen unter uns [82] [83] (Auf das Zitat 83 von Gerd LÜDEMANN wird in diesem Zusammenhang besonders hingewiesen!).
  • Ist die Bibel als Grundlage für die Weltanschauung eines durchschnittlichen Menschen nicht zu schwierig? Sie baut schließlich auf unsichere Übersetzungen, einem in 2000 Jahren veränderten Weltverständnis und auf eine Vielzahl doppeldeutiger und gar widersprüchlich erscheinender Aussagen. (Zitat [84] dient als Beispiel für einen Widerspruch zu dem hohen Wert, den das Christentum der Arbeit beimisst und [85] ist ein Beispiel für einen Widerspruch zu den oftmals geringgeschätzten und seelenlos eingestuften Tieren) 
  • Oder birgt ein zu naiver Glaube an Gott schlechthin die Gefahr, christliches Gedankengut auch in Zukunft immer wieder zu missbrauchen [86]?
  • Vermittelt die Bibel nicht Werte und Vorstellungen, die wohl für die Menschen vor 2.000 Jahren zutrafen, die aber für unsere moderne Welt schlichtweg unzutreffend, überholt oder ethisch nicht mehr vertretbar sind? Letzteres bezieht sich vor allem auf die vorrangig gewertete Stellung des Menschen und den Umgang mit anderen Geschöpfen [87] [88]. Ist das Christentum demnach noch mit dem modernen Leben vereinbar?
  • Kann christlicher Glaube wegen seiner Auffassung einer linearen Weltgeschichte und wegen der vorgenannten Werte letztlich als eine der Ursachen für den Drang des modernen Menschen zu unvorsichtigem, ungebremstem Fortschritt betrachtet werden [89]?
Trotz aller kritischen Fragen muss man betonen, dass der Einfluss der christlich und moslemisch geprägten Moralvorstellungen auf die Gesetzgebungen der Länder entscheidend zum Frieden in der Welt beigetragen hat.
    Zudem kann ein überzeugter Christ oder Moslem aufgrund seines Glaubens an die Erlösung immer zuversichtlich durchs Leben gehen. 
    Letzten Endes sollte auch jeder Nichtgläubige anerkennen, dass der Glaube an einen Gott zwar eine sehr »abgeschlossene« Möglichkeit ist, die hintersten Winkel des Daseins zu erklären, aber ebenso eine große Verantwortung gegenüber Gott beinhaltet!

Doch solche schlüssigen - »abgeschlossenen« - Erklärungen gibt es noch andernorts in der weiten Welt der Weltanschauungen. Es wird Zeit, unsere Reise fortzusetzen und das Hindukusch-Gebirge zu überqueren. Wir wollen nun die Stadt besuchen, in der Gott eine große Familie hat...

*) = Die umfassende Weisheit, die uns nach der Reinigung von dem Bössen verliehen wird
 
 

Zitate

79 = [GLASENAPP / Lit. 1, Seite 296] ... Entsprechend dem göttlichen Befehl, sich zu vermehren und sich die ganze Erde zu unterwerfen (Genesis 1,28), wuchs die Zahl der Menschen von Generation zu Generation, und sie breiteten sich über die ganze Erde aus.
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80 = [DRÖSCHER / Lit. 1, Seite 150] ... Wie heißt es so schön im Buche Hiob: »Frage doch das Vieh, das wird dich´s lehren, und die Vögel unter dem Himmel, die werden dir´s sagen, oder die Sträucher der Erde, die werden dich´s lehren, und die Fische im Meer werden dir´s erzählen. Wer erkenne nicht an dem allen, daß des Herrn Hand das gemacht hat, daß in seiner Hand ist die Seele von allem, was lebt, und der Lebensodem aller Menschen?« ...
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81 = [SCHWEER / Lit. 2, Seite 77] ... Diese (christliche) Geschichtsauffassung ist linear, das heißt, alle Entwicklung führt auf einen Endzustand hin. Die Zielgerichtetheit des geschichtlichen Ablaufs ermöglichte das Aufkommen des Fortschrittsdenkens, ... Naturvölker hingegen denken zyklisch, sie wollen an der Tradition festhalten und begegnen Krisen mit einer Rückbesinnung auf den Mythos, in dem das ursprüngliche Heil noch gegeben war. Ein endgültiges Weltende ist ihnen unbekannt, nach der Zerstörung entsteht immer eine neue Welt, ...
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82 = [DITFURTH / Lit. 3, Seite 219] ... Wer sich darauf beschränkt - und andere dazu verpflichtet -,das Überlieferte (Anm.: der heiligen Bücher) in unwiderruflich fixierter Form zu bewahren, trägt daher, auch wenn er das nicht will, zu seiner Zerstörung bei. ...
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83 = [Zitat Gerd LÜDEMANN, aus WOCHE-1 / Seite 32] ... Doch sie (die Bibel) ist Menschenwerk. Und nur wer heute noch die geschichtliche Entstehung der Bibel leugnet, kann behaupten, die damaligen Verfasser hatten über ihre Zeitgenossen hinaus auch noch jene angesprochen, die 2000 Jahre später ihre Worte lesen würden. ... Das ist umso weniger verwunderlich, als beide großen Kirchen einem Gottesbild huldigen, verwurzelt im Alten und Neuen Testament, das weder Toleranz gegenüber Andersdenkenden noch Demokratiefähigkeit kennt: Gott gilt als König, als Herr, dem einfach zu gehorchen ist. ... Dort (5. Buch Mose und im Buch Josua) wird nämlich Gewalt im Namen Gottes glorifiziert, ... die Glaubwürdigkeit der Kirche wird weiter bröckeln, wenn Kirchenführer und Theologen nicht endlich ihre dogmatische Rumpelkammer aufräumen und klar sagen, was christlicher Glaube unter den Bedingungen der Neuzeit wirklich heißt. Andernfalls verspielen unsere Kirchen das Erbe des Christentums...
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84 = [Matthäus-Evangelium 6/19, aus DRÖSCHER / Lit. 1, Seite 152] ... »Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden« ... »Sehet die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch.« ...
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85 = [Salomo - bibl. König, aus DRÖSCHER / Lit. 1, Seite 156] ... »Ich sprach in meinem Herzen: Es geschieht wegen der Menschenkinder, damit Gott sie prüfe und sie sehen, daß sie selber sind wie die Tiere. Denn es geht dem Menschen wie den Tieren: wie diese sterben, so stirbt auch er, und sie haben alle einen Odem, und der Mensch hat den Tieren nichts voraus; denn es ist alles eitel. Es fährt alles an einen Ort. Es ist alles aus Staub geworden und wird wieder zu Staub. Wer weiß, ob der Odem der Menschen aufwärts fahre und der Odem der Tiere hinab unter die Erde fahre?« ...
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86 = [DITFURTH / Lit. 3, Seite 210] ... Es stimmt schon, das die Konkretisierung Gottes zu einer Art Übervater als Ausdruck unbewußter Wunscherfüllung angesehen werden muß. ... letztlich naive Hineinverlegung der aus der eigenen Umwelt bekannten gesellschaftlichen Strukturen in das Unbekannte. Und auch dafür, das sich Religiosität sehr wirksam als »Opium«, als »Herrschaftsinstrument« mißbrauchen läßt, liefert die Ge schichte Beispiele in Fülle. ...
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87 = [GLASENAPP / Lit. 1, Seite 293] ... (dass die Welt) zum Wohle des Menschen geschaffen worden ist. Daß die Erde und die Himmelskörper, die Tiere und die Pflanzen keinen Selbstzweck haben, sondern nur zum Wohle des Menschen da sind wird in 1. Mose 1,17ff.; 26ff. und 9,1-3 ausdrücklich betont. ...
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88 = [DRÖSCHER / Lit. 1, Seite 149] ... nach Noahs Errettung vor der Sintflut spricht der Herr zu ihm und seinen Söhnen: »Furcht und Schrecken vor euch sei über allem, was auf dem Erdboden wimmelt, und über allen Fischen im Meer; in eure Hände seien sie gegeben.« ...
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89 = [Zitat SOTSISOWA, aus LUDWIG / Seite 18] ... »Das Christentum ist eine Ideologie der Technologie, da die christliche Botschaft besagt, dass die heidnischen Gottheiten und Geister der Wälder, Berge, Wasser u.s.w. falsche Gottheiten sind und dass Bäche und Flüsse keinesfalls heilig sind. Das Christentum ebnet den Weg für eine Philosophie, die besagt, dass es nicht falsch ist, mit Axt und Pflug den Wald in soundsoviel Holzkohle und soundsoviel Hektar Ackerland umzuwandeln.« ...
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